Kündigung von Schwerbehinderten

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Mit der Verkündung des Bundesteilhabegesetzes hat der Gesetzgeber erstmals eine Sanktion für Verstöße gegen die Pflicht zur Anhörung/ Beteiligung der Schwerbehinderten-vertretung vor dem Ausspruch der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers eingeführt. Will ein Arbeitgeber einem Schwerbehinderten kündigen, muss er – neben dem Antrag auf Zustimmung an das Integrationsamt gemäß §§ 85 ff. SGB IX und der gegebenenfalls notwendigen Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG – auch die Schwerbehindertenvertretung anhören, sofern eine solche im Betrieb vorhanden ist. Dies war schon bisher in § 95 Abs. 2 SGB IX geregelt.

Neu ist, dass eine unterbliebene oder fehlerhafte Anhörung der Schwerbehindertenvertretung zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (§ 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX n.F. – entsprechend der Rechtsfolge des § 102 BetrVG hinsichtlich der Anhörung des Betriebsrates). Bislang war allgemein anerkannt, dass ein solcher Verstoß keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung hat. Diese Änderungen gelten seit dem 30. Dezember 2016 aufgrund der Änderung des § 95 Abs. 2 SGB IX. Ab dem 1. Januar 2018 wird eine entsprechende Regelung durch das Bundesteilhabegesetz in § 178 Abs. 2 SGB IX aufgenommen.

Problematisch ist insbesondere, dass nach dem Wortlaut der Regelung die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung „vor einer Entscheidung“ des Arbeitgebers erfolgen muss. Offen ist insofern, ob die notwendigen verschiedenen Beteiligungsverfahren – Anhörung Schwerbehinderten-vertretung, Anhörung Betriebsrat, Zustimmungsantrag Integrationsamt – zeitgleich eingeleitet werden können. Teilweise wird vertreten, dass jedenfalls vor dem Zustimmungsantrag an das Integrationsamt die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung abgeschlossen sein muss. Allerdings sieht § 95 Abs. 2 SGB IX n. F. keine Frist für eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vor. Insbesondere bei außerordentlichen Kündigungen könnte dies zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist für den Ausspruch der Kündigung führen. Möglicherweise wird man hier die Fristen des § 102 BetrVG analog anwenden können bzw. müssen. Dies ist aber derzeit noch völlig ungeklärt, die Entwicklung der Rechtsprechung zu dieser Neuregelung bleibt abzuwarten.

In jedem Fall gibt es nun eine weitere Fehlerquelle, die die Wirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers gefährden kann. Damit wird es für den Arbeitgeber noch wichtiger, sich rechtzeitig einen Überblick über die vor einer geplanten Kündigung erforderlichen Verfahren zu verschaffen und diese im Einzelfall möglichst optimal aufeinander abzustimmen.

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