Betriebliche Altersversorgung: Pflichtzuschuss zur Entgeltumwandlung ab dem 1. Januar 2022 auch für Altverträge

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Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber im Jahr 2017 u.a. einen Pflichtzuschuss zur Entgeltumwandlung eingeführt. Die Neuregelung in § 1a Abs. 1a BetrAVG verpflichtet Arbeitgeber*innen, einen Zuschuss in Höhe von 15 % des von Arbeitnehmer*innen umgewandelten Entgelts an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung zu leisten, soweit durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden. Dies soll gewährleisten, dass eingesparte Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung an die Arbeitnehmer*innen weitergegeben werden, damit nicht die Arbeitgeber*innen wirtschaftlich von der Entgeltumwandlung profitieren. Die Zuschusspflicht gilt damit nicht für Entgeltumwandlungen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung. Auch für Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen sind Arbeitgeber*innen weiterhin frei in der Entscheidung, ob sie einen Zuschuss gewähren oder nicht.

Zunächst war der Zuschuss nur für ab dem 1. Januar 2019 neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen zu leisten. Ab dem 1. Januar 2022 gilt die Zuschusspflicht auch für bereits vorher abgeschlossene „Altvereinbarungen".

Arbeitgeber*innen steht daher jetzt noch ein Zeitraum von knapp zwei Monaten zur Verfügung, um sich mit den betroffenen Arbeitnehmer*innen und ggf. mit dem Betriebsrat über den Pflichtzuschuss, die Modalitäten seiner Gewährung und Auswirkungen auf bisher schon gezahlte freiwillige Zuschüsse zu verständigen. Bestehende individual- und kollektivrechtliche Regelungen zur Entgeltumwandlung sind daraufhin zu überprüfen, ob und wenn ja welche Anpassungen notwendig sind.

Welche Fragen sich in diesem Zusammenhang stellen, welche Handlungsmöglichkeiten bestehen und wo sich ggf. Abstimmungsbedarf ergibt, hängt maßgeblich von den der Entgeltumwandlung jeweils zugrunde liegenden Vereinbarungen ab.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können dabei folgende Aspekte relevant werden:

  1. Grundsätzlich ist es möglich, den Pflichtzuschuss zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Betrag der Entgeltumwandlung zu zahlen, sodass der monatliche Beitrag zur begünstigten Altersversorgungseinrichtung im Ergebnis um 15% steigt. Allerdings ist zu prüfen, ob die bestehenden Verträge mit dem Pensionsfonds, der Pensionskasse bzw. der Direktversicherung eine Erhöhung der Beitragszahlungen ohne Weiteres zulassen. Dies hängt maßgeblich vom Anbieter und den jeweiligen Vertragsbedingungen ab. Ist eine Erhöhung möglich, kann der zu zahlende Monats- oder Jahresbeitrag schlicht um den Betrag des Zuschusses erhöht werden. Anderenfalls wären eine Vertragsanpassung oder u. U. ein Neuabschluss erforderlich. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine Erhöhung bei Bestandsverträgen, die unverändert nach § 40b EStG a. F. pauschal besteuert werden, zur Überschreitung des steuerlich geförderten Rahmens führen kann.

  2. Alternativ kann mit den betroffenen Arbeitnehmer*innen vereinbart werden, den Beitrag in unveränderter Höhe weiter zu zahlen. In diesem Fall verringert sich der Arbeitnehmeranteil am Gesamtbetrag der Entgeltumwandlung anteilig um den arbeitgeberseitig zu leistenden Pflichtzuschuss. Diese Variante bietet sich insbesondere an, wenn bestehende Verträge keine Möglichkeit zur Erhöhung der Beiträge vorsehen. Diese Variante muss mit jedem/r betroffenen Arbeitnehmer*in individuell vereinbart werden.

  3. Werden schon bisher freiwillige Zuschüsse zur Entgeltumwandlung gezahlt, sollte geprüft werden, welche Vereinbarungen dem zugrunde liegen. Insofern stellt sich die Frage, ob ab dem 1. Januar 2022 der gesetzliche Pflichtzuschuss zusätzlich zum freiwilligen Zuschuss zu zahlen ist oder ob ggf. eine Anrechnung möglich ist. Eine Anrechnung eines freiwilligen Zuschusses auf den Pflichtzuschuss soll nach zum Teil vertretener Auffassung grundsätzlich ausscheiden. Denkbar wäre aber eine Anrechnung des Pflichtzuschusses auf den freiwilligen Zuschuss, sofern auch dieser seinen Grund in der vom Gesetzgeber beabsichtigten Weitergabe der ersparten Sozialversicherungsbeiträge an die Arbeitnehmer*innen hat. Dies kann nur anhand der konkreten Vereinbarungen im Einzelfall geprüft und beantwortet werden. Ist eine Anrechnung möglich, sollte diese durch eine eindeutige Erklärung gegenüber den betroffenen Arbeitnehmer*innen erfolgen.

  4. Auch etwaige tarifvertragliche Regelungen sind daraufhin zu überprüfen, welche Auswirkungen sich für den Pflichtzuschuss ergeben. § 1a Abs. 1a BetrAVG ist gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG tarifdispositiv, so dass tarifliche Abweichungen im Hinblick auf den Pflichtzuschuss möglich sind. Dies hängt maßgeblich von den jeweiligen tariflichen Regelungen ab, sodass auch diese Frage im Einzelfall geprüft und beantwortet werden muss.

Arbeitgeber*innen sollten rechtzeitig vor dem Jahreswechsel tätig werden und etwaige offene Fragen klären. Ansonsten drohen Einstandspflichten für entgegen § 1a Abs. 1a BetrAVG nicht geleistete Zuschüsse sowie für Einbußen, die den Arbeitnehmer*innen in der Rentenphase entstehen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Derartige Ansprüche verjähren nach § 18a BetrAVG erst mit Ablauf von 30 Jahren. Da die Verjährung hinsichtlich der Einbußen in der Rentenphase erst mit Eintritt des Versorgungsfalls beginnt, können Verstöße zu langjährigen Haftungsrisiken führen.

Sprechen Sie uns gern an, wenn Sie zu diesen oder weiteren Themen Fragen haben.

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