Keine Wegzugsbesteuerung bei tatsächlicher Rückkehr

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Der Wegzug aus Deutschland löst die sogenannte Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG dann aus,

  • wenn ein im Inland Steuerpflichtiger nach einer bestimmten Dauer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aufgibt
  • und zudem über eine wesentliche Beteiligung an Kapitalgesellschaften verfügt.

In diesen Fällen kommt es zur Besteuerung der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven, obwohl die Anteile vom Steuerpflichtigen nicht veräußert wurden („Dry-Income"). Hintergrund ist, dass der deutsche Gesetzgeber vermeiden will, dass in Folge des Wegzugs das deutsche Besteuerungsrecht an den in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt wird. Um erhebliche Härte für die Steuerpflichtigen zu vermeiden, kann die entstandene Steuer nach § 6 Abs. 4 AStG auf Antrag (im Regelfall gegen Sicherheitsleistung) unverzinslich gestundet und dann in sieben gleichen Jahresraten gezahlt werden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass eine "nur vorübergehenden Abwesenheit" nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG a. F. auch dann anzunehmen ist,

  • wenn der Steuerpflichtige zunächst ohne Rückkehrabsicht aus Deutschland verzieht
  • und innerhalb des gesetzlich bestimmten Beobachtungszeitraums von fünf Jahren nach dem Wegzug einen Rückkehrwillen entwickelt
  • und auch tatsächlich wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird.

Absicht zur Rückkehr und hinreichende Wahrscheinlichkeit reichen aus

Sofern der Wegzug des Steuerpflichtigen nur vorübergehender Natur ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen der zunächst ausgelöste Steueranspruch rückwirkend aufgehoben werden (Rückkehroption). Offen war bislang, ob und wann der Steuerpflichtige eine entsprechende Rückkehrabsicht nachweisen muss. Der BFH entschied nun mit Urteil vom 21. Dezember 2022 (Az. I R 55/19), dass der Steuerpflichtige durch den Wiedereintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht den Tatbestand der „nur vorübergehenden Abwesenheit" erfüllt und folgerichtig der Steueranspruch rückwirkend entfällt. Eines besonderen Nachweises der Rückkehrabsicht bedarf es demnach dafür nicht. Die bloße Absicht zur Rückkehr und eine hinreichende Wahrscheinlichkeit sollen laut Gesetzesbegründung genügen. Etwas anderes gilt nach Auffassung des BFH lediglich für die einzelfallbezogene Verlängerung der Rückkehroption. Dabei sollte die Entscheidung des BFH, die zu der alten Fassung des § 6 AStG ergangen ist, auch auf die neue Fassung des § 6 AStG übertragbar sein.

Steueranspruch entfällt durch tatsächliche Rückkehr

Die Entscheidung des BFH ist ausdrücklich zu begrüßen. Sie stellt klar, dass der Steueranspruch für die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG bereits durch die tatsächliche Rückkehr unabhängig von einer „Rückkehrabsicht" zum Zeitpunkt des Wegzugs entfällt. Für die betroffenen Steuerpflichtigen ist dies erfreulich, auch weil sich künftig die mit dem Nachweis der Rückkehrabsicht verbundenen Schwierigkeiten der Feststellung der Absicht des Steuerpflichtigen und die damit einhergehenden Auslegungsfragen erübrigen sollten. Lediglich im Fall der Verlängerung der Rückkehroption ist Steuerpflichtigen weiterhin zu empfehlen, die unveränderte Rückkehrabsicht bei Antragsstellung gegenüber dem Finanzamt zu erklären.

 

Gemeinsam verfasst mit Frank Niesmann.

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