Wachstumschancengesetz: Änderungen für gemeinnützige Organisationen
Auswirkungen auf den Non-Profit-Bereich
Auswirkungen auf den Non-Profit-Bereich
Die Auswirkungen des Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness („Wachstumschancengesetz“) auf gemeinnützige Organisationen sind äußerst gering.
Das Wachstumschancengesetz wurde am 27. März 2024 nach langwierigen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss als deutlich abgeschwächter Kompromiss im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Impulse für Wachstum und Investitionen, Steuervereinfachungen vorrangig für kleine und mittlere Unternehmen sowie Bürokratieabbau. Das Gesetz ist auf wirtschaftlich tätige Unternehmen ausgerichtet, daher berühren nur einige der enthaltenen Änderungen gemeinnützige Organisationen. Diese stellen wir Ihnen in diesem Beitrag vor.
Bereits mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde zum 1. Januar 2024 das beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtete digitale Zuwendungsempfängerregister eingeführt. Das Zuwendungsempfängerregister enthält sämtliche gemeinnützige Körperschaften, die berechtigt sind, über Spenden und Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen auszustellen.
Mit dem Wachstumschancengesetz sind über die bisherige Regelung hinaus auch solche gemeinnützigen Körperschaften in das Zuwendungsempfängerregister aufzunehmen, die zwar ihren Sitz im europäischen Ausland haben, jedoch in Deutschland die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung als gemeinnützige Körperschaften erfüllen. Diese Körperschaften haben sich, soweit sie für ab dem 1. Januar 2025 zugeflossene Spenden oder Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbestätigungen an in Deutschland ansässige Spender ausstellen wollen, verpflichtend im Zuwendungsempfängerregister zu registrieren.
Im Gegensatz zu den inländischen gemeinnützigen Körperschaften, deren für das Zuwendungsempfängerregister erforderliche Daten automatisch von den zuständigen Finanzämtern an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet werden, müssen europäische gemeinnützige Körperschaften selbst tätig werden: Sie müssen sich unter Mitteilung der erforderlichen Daten beim Zuwendungsempfängerregister registrieren.
Allen gemeinnützigen Organisationen raten wir dringend, die hinterlegten Daten auf Übereinstimmung mit dem Satzungszweck, Vollständigkeit und Aktualität zu prüfen.
Für europäische gemeinnützige Körperschaften führt das Wachstumschancengesetz unter gewissen Voraussetzungen ein Erstattungsverfahren für die Kapitalertragsteuer ein. Dies gilt, sofern die gemeinnützige Körperschaft Kapitalerträge aus dem Inland bezieht und die darauf einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht nach anderen Vorschriften erstattet wird. Damit werden inländische und europäische gemeinnützige Körperschaften nunmehr gleichbehandelt.
Nach den Neuregelungen können alle Personengesellschaften – auch die eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts – zur Körperschaftsbesteuerung optieren. Das Wachstumschancengesetz enthält keine Aussage dazu, ob optierenden Personengesellschaften die Steuerbefreiung aufgrund Gemeinnützigkeit offensteht. Im steuerlichen Schrifttum wird die Möglichkeit grundsätzlich bejaht.
Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung konkret positioniert. Jedenfalls im Einzelfall kann Rechtssicherheit über eine verbindliche Auskunft eingeholt werden.
Der Gesetzgeber hat mit dem Wachstumschancengesetz klargestellt, dass die Prüfung der Wettbewerbsklausel nunmehr nur noch auf sogenannte Katalogzweckbetriebe anzuwenden ist. Für allgemeine Zweckbetriebe entfällt damit die Wettbewerbsprüfung. Für Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser, sportliche Veranstaltungen und sonstige Zweckbetriebe greift der ermäßigte Steuersatz trotz Wettbewerbs, wenn der Leistungsempfänger oder die an der Leistungserbringung beteiligten Personen vom steuerbegünstigten Satzungszweck der leistenden gemeinnützigen Körperschaft umfasst sind. Damit unterliegen Leistungen von Inklusionsbetrieben oder Werkstätten für Menschen mit Einschränkungen entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nunmehr von Gesetzes wegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
Aus der Perspektive der Praxis bleibt trotz der vereinzelten Anpassungen im Zuge des Wachstumschancengesetzes Reformbedarf. Diesen erkennt auch die Bundesregierung: Bereits im Koalitionsvertrag ist neben der Stärkung des Ehrenamts insbesondere die Modernisierung und Europäisierung des Gemeinnützigkeitsrechts unter Beseitigung bestehender Rechtsunsicherheit vorgesehen. Es bleibt abzuwarten, ob eine weitergehende Umsetzung im für die erste Jahreshälfte erwarteten Jahressteuergesetz 2023 erfolgen wird.
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