Einlagenrückgewähr in Outbound-Konstellationen

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Was ist eine Einlagenrückgewähr?

Die Einlagenrückgewähr bezeichnet im Steuerrecht Ausschüttungen, die aus zuvor vom Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft eingelegten Mitteln, nicht aber aus den von der Gesellschaft selbst erwirtschafteten Überschüssen stammen. Erfolgt eine solche steuerliche Einlagenrückgewähr an einen inländischen Gesellschafter, so kann dieser die Auskehrung aus deutscher Sicht steuerneutral vereinnahmen.

Seit 2023 müssen ausländische Kapitalgesellschaften ein gesondertes Feststellungsverfahren durchführen, damit der inländische Gesellschafter tatsächlich eine steuerneutrale Rückzahlung der Einlagen erhalten kann. Werden hierbei besondere Form- und Fristvorgaben nicht eingehalten, muss der Gesellschafter die Ausschüttung gegebenenfalls versteuern, obwohl es sich materiell um die Rückzahlung von Einlagen handelt.

Bisheriger Status Quo: Begünstigung von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften

Der bereits im Jahr 2006 eingeführte § 27 Abs. 8 KStG erlaubte es bislang nur EU-Kapitalgesellschaften, im Rahmen eines gesetzlich vorgegeben gesonderten Feststellungsverfahrens Einlagenrückgewähr an ihre inländischen Gesellschafter vorzunehmen. Aufgrund der Rechtsprechung der letzten Jahre ist jedoch zwischenzeitlich geklärt, dass auch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften seit jeher eine Einlagenrückgewähr an ihre inländischen Gesellschafter erbringen können, obwohl dies bislang nicht explizit gesetzlich geregelt war. Dabei kam den Drittstaaten-Kapitalgesellschaften zugute, dass die strengen verfahrensrechtlichen Vorschriften des § 27 Abs. 8 KStG für diese nicht anzuwenden waren und somit im Ergebnis geringere Anforderungen bestanden. Dies gilt weiterhin für bis einschließlich 2022 vorgenommene Ausschüttungen von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften.

Vereinheitlichung der Rechtslage ab 2023 und Folgen für ausländische Kapitalgesellschaften

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 wurde § 27 Abs. 8 KStG insbesondere in zweierlei Hinsicht geändert. Zum einen ist das Feststellungsverfahren nunmehr sowohl für EU-Kapitalgesellschaften als auch für Drittstaaten-Kapitalgesellschaften notwendig. Zum anderen wurde die darin verankerte strenge Ausschlussfrist für das Verfahren modifiziert. Die Änderungen haben insbesondere folgende Konsequenzen:

  • Sämtliche ausländische Kapitalgesellschaften (EU, EWR und sonstige Drittstaaten) müssen für Ausschüttungen ab dem Jahr 2023 das Feststellungsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG durchlaufen, damit eine Einlagenrückgewähr steuerneutral von ihrem inländischen Gesellschafter vereinnahmt werden kann.
  • Hierbei sind die angepassten strengen Form- und Fristenregelungen zu beachten, insbesondere die Ausschlussfrist nach § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG. Für Ausschüttungen ab dem Jahr 2023 wird nun auf das Wirtschaftsjahr der ausländischen Kapitalgesellschaft abgestellt. Vormals wurde auf das Kalenderjahr abgestellt, in dem die Ausschüttung stattgefunden hat. Die Neuregelung kann bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr der ausländischen Kapitalgesellschaft zu einer wesentlichen Verkürzung oder auch Verlängerung der Ausschlussfrist führen.
  • In der Regel ist nun auch in Drittstaatenkonstellationen das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für die Feststellung der Einlagenrückgewähr zuständig (nur in Ausnahmefällen entscheidet das örtliche Finanzamt des Gesellschafters einer ausländischen Gesellschaft über einen entsprechenden Antrag). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das BZSt einen Unterlagenkatalog veröffentlicht hat, der die bei Antragstellung vorzulegenden Dokumente und Unterlagen aufzählt. Dieser listet eine Vielzahl von beizubringenden Dokumenten auf, welche die Antragstellung teils sehr herausfordernd machen können.

Verfahren zur Erreichung einer steuerlichen Einlagenrückgewähr

Damit ein Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft tatsächlich eine Einlagenrückgewähr für sich in Anspruch nehmen kann, müssen nun in allen Fällen drei Schritte durchlaufen werden:

Schritt 1:

 

Antragstellung durch die ausländische Kapitalgesellschaft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck;

 

Schritt 2:

 

Erlass eines Feststellungsbescheides nach Prüfung durch die zuständige Finanzbehörde (i.d.R. das BZSt);

 

Schritt 3: Ausstellung einer Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr durch die ausländische Kapitalgesellschaft an den inländischen Gesellschafter nach vorgeschriebenem Muster.

 

Wie den Schritten entnommen werden kann, ist es entscheidend, dass die ausländische Kapitalgesellschaft rechtzeitig tätig wird und dabei die strenge Ausschlussfrist beachtet.

Zeitpunkt der Ausschüttung entscheidend für steuerliche Implikationen

Zu beachten ist, dass derzeit sowohl die alte als auch die neue Rechtslage zur steuerlichen Einlagenrückgewähr noch Wirkung entfaltet und daher im Auge zu behalten ist:

  • Für Ausschüttungen bis Ende 2022 besteht für Drittstaaten-Kapitalgesellschaften noch die Chance, in bestimmten Konstellationen eine Einlagenrückgewähr durch den Gesellschafter selbst geltend machen zu können, da insoweit die strenge gesetzliche Ausschlussfrist noch nicht greift. Dafür müssen grundsätzlich lediglich die Steuerbescheide des Gesellschafters selbst noch änderbar sein. Beispielsweise aufgrund eines darin vom Finanzamt aufgenommenen Vorbehalts der Nachprüfung.
  • Für Ausschüttungen ab 2023 müssen hingegen alle ausländischen Kapitalgesellschaften das Feststellungsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG durchlaufen und die neue Fristenregelung zur Ausschlussfrist unter Bezugnahme auf das Wirtschaftsjahr der ausländischen Kapitalgesellschaft beachten. Für sämtliche Ausschüttungen aus dem Ausland an einen inländischen Gesellschafter im Jahr 2023 sollte daher kurzfristig geprüft werden, ob es sich um eine Einlagenrückgewähr handeln könnte. In diesen Fällen läuft die Ausschlussfrist im Jahr 2024 aus (je nach Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft). Nach Ablauf der Frist ist es nicht mehr möglich die steuerneutrale Einlagenrückgewähr geltend zu machen.

Gemeinsam verfasst mit Len Wierwille, Associate Manager, Steuerberater.

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