Der ewige Frust bei der Besteuerung von Betriebsveranstaltungen

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Betriebsveranstaltungen werden im Rahmen von Lohnsteuer- oder Sozialversicherungsprüfungen häufig aufgegriffen. Wir fassen für Sie zusammen, was bei der steuerlichen Behandlung von betrieblichen Veranstaltungen wichtig ist.

Was zählt als Betriebsveranstaltung?

Per Gesetzesdefinition sind Betriebsveranstaltungen betriebliche Veranstaltungen mit gesellschaftlichem Charakter. Der Teilnehmerkreis einer Betriebsveranstaltung setzt sich überwiegend aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und gegebenenfalls Leiharbeitnehmern oder Beschäftigten anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammen.

Steht die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offen, ist die Betriebsveranstaltung steuerlich begünstigt.

Kosten der Betriebsveranstaltung

Die Bemessungsgrundlage der Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung ergibt sich aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG. Danach sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, die im Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen, unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.

Die Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung sind hierbei zu gleichen Teilen auf die tatsächlich anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Auch die sogenannten „frustrierten Aufwendungen“ des Arbeitgebers für die angemeldeten, aber tatsächlich nicht an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer gehören zu den Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung, genauso wie Geschenke, die aus Anlass der Betriebsveranstaltung überreicht werden.

Spätestens zum Jahresende müssen alle Betriebsveranstaltungen des Jahres lohnsteuerlich gewürdigt werden.

Die Spielregeln hierfür sind einfach:

Lohnsteuer und Sozialversicherung

Wenn die Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung EUR 110,00 pro Teilnehmer übersteigen, sind sie lohnsteuerpflichtig. Statt der individuellen Versteuerung kann hierbei eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG mit 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) vorgenommen werden. Der Freibetrag von EUR 110,00 pro Teilnehmer gilt für höchstens zwei Veranstaltungen pro Jahr. Die Zuwendungen anlässlich weiterer Veranstaltungen können, wenn begünstigte Betriebsveranstaltungen vorliegen, in voller Höhe pauschal versteuert werden.

Es ist im Rahmen des Wachstumschancengesetzes geplant, den Freibetrag von EUR 110,00 bei Betriebsveranstaltungen mit Wirkung ab 2024 auf EUR 150,00 anzuheben. Das Wachstumschancengesetz muss im Vermittlungsausschuss jedoch nachverhandelt werden. Ein Termin für die Behandlung des Gesetzes im Vermittlungsausschuss steht jedoch noch nicht fest.

Positiver Effekt der Lohnsteuerpauschalierung liegt in der Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung.

Seit dem 22. April 2015 ist eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht jedoch nur bei einer zeitnahen Pauschalversteuerung möglich.

Zeitnahe Pauschalversteuerung liegt laut Protokoll über die Besprechung des GKV-Spitzenverbands der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 20. April 2016 nur vor, wenn der Arbeitgeber, die von ihm zunächst vorgenommene steuerrechtliche Behandlung noch ändern kann, also bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigungen für das Veranstaltungsjahr der Betriebsveranstaltung und bis spätesten zum 28. Februar des Folgejahres.

Bei einer Pauschalierung nach Herausgabe der Jahreslohnsteuerbescheinigungen oder bei nachträglicher Pauschalierung im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung sind die Zuwendungen nach aktueller Ansicht des GKV-Spitzenverbandes sozialversicherungspflichtig.

Die Pauschalversteuerung der Betriebsveranstaltungen soll deswegen unbedingt zeitnah (vor der Herausgabe der Lohnsteuerbescheinigungen) und spätestens bis zum 28. Februar des Folgejahres vorgenommen werden.

In dieser Sache gibt es eine positive Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen. Mit Urteil vom 24. März 2022 (Az. L 12 BA 3/20) wurde entschieden, dass auch Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung, der erst nachträglich pauschal versteuert wird, von der Sozialversicherung befreit sein soll. Die Befreiung soll – entgegen der Auffassung der Sozialversicherungsträger – auch dann gelten, wenn die Lohnsteuer-Anmeldung nach dem 28. Februar des Folgejahres berichtigt wird. Damit soll eine Pauschalierung auch nach Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung zu einer Beitragsfreiheit führen. Gegen dieses Urteil ist ein Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht anhängig (Az. B 12 BA 3/22). Die Entscheidung hierzu wird mit Spannung erwartet.

Umsatzsteuerliche Würdigung

Ebenfalls zu beachten ist, dass die lohnsteuerliche Beurteilung von Betriebsveranstaltungen der umsatzsteuerlichen Beurteilung nicht gleichzustellen ist. Der im Einkommensteuergesetz geltende Freibetrag von EUR 110,00 ist umsatzsteuerrechtlich als Freigrenze ausgestaltet.

Umsatzsteuerrechtlich ist von einer üblichen Zuwendung im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nur dann auszugehen, wenn deren Höhe je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung EUR 110,00 einschließlich Umsatzsteuer nicht überschreitet. Nur bei Aufwendungen solcher Veranstaltungen ist die Vorsteuer nach den allgemeinen Grundsätzen abzugsfähig und die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe soll nicht vorgenommen werden.

Übersteigt hingegen der auf den einzelnen an einer Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer entfallende Betrag pro Veranstaltung die Grenze von EUR 110,00 einschließlich Umsatzsteuer, ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung des Arbeitgebers auszugehen. Dies hat zur Folge, dass die Vorsteuerbeträge aus den Aufwendungen der Betriebsveranstaltung nicht abziehbar sind, sofern die Verwendung der Leistungen bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt wurde. Korrespondierend entfällt die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe. Die Grenze von EUR 110,00 gilt für höchstens zwei Veranstaltungen im Kalenderjahr.

Praxistipp: Zuständige Mitarbeitende für Thematik sensibilisieren

Es dringend anzuraten, die Betriebsveranstaltungen im Unternehmen stets spätestens zum Jahresende auf den Prüfstand zu stellen.

Hierzu sollten die zuständigen Mitarbeitenden für die vorstehend geschilderten Themen sensibilisiert werden und ein Austausch zwischen Buchhaltung, Gehaltsabrechnung,- und der Steuerabteilung im Unternehmen bzw. mit externen Dienstleistern angeregt werden. Kommen Sie gern auf uns zu, wenn Sie Fragen, Unsicherheiten bzw. Abstimmungsbedarf haben. Auch inhouse Mitarbeiterschulungen zu diesem Thema können wir Ihnen gern anbieten.

Geschieht es nicht oder nicht rechtzeitig, sind die entsprechenden Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung leider vorprogrammiert.

 

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