EURIBOR und EONIA

Referenzzinssätze auf dem Prüfstand und Lösungen durch Vertragsgestaltung

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Die Zinsgestaltung in Kreditverträgen orientiert sich in vielen Fällen an Referenzzinssätzen. Bezugnahmen auf Referenzzinssätze finden sich nicht nur in Konsortialkreditverträgen, sondern auch bei konzerninternen Finanzierungen. Für Gesellschafterdarlehen in der Kapitalgesellschaftsstruktur fordert der im Steuerrecht geltende Fremdvergleichsgrundsatz ohnehin eine Orientierung an marktgerechten Zinssätzen. Üblicherweise setzt sich der Kreditzins aus einem Referenzzinssatz und einer Marge zusammen. In der anhaltenden Niedrigzinsphase mit Tendenz zum Negativzinssatz vereinbarten die Parteien zusätzlich, dass der Referenzzinssatz mindestens null Prozent p. a. beträgt. Damit sicherten sich die Banken die Marge. Problematisch wird es, wenn der Referenzzinssatz wegfällt. Gesetzlich ist die Zahlung von Zinsen zwar angelegt, deren Höhe aber nicht bestimmt. Im Rahmen der Vertragsgestaltung empfehlen wir daher über alternative Zinsberechnungen nachzudenken.

I. Umsetzung der Benchmark-Verordnung (EU)

Zu den bedeutendsten Referenzzinssätzen im Euroraum gehören der EURIBOR und der EONIA. Diese Referenzzinssätze werden von der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Benchmark-Verordnung (EU) 2016/1011 (BMVO) erfasst. Nach den Skandalen zur Manipulation von EURIBOR und LIBOR soll das Regelwerk dazu dienen, Manipulationen von Seiten der Banken in Zukunft zu verhindern. Die Referenzzinssätze sollen stärker auf Transaktionen und weniger auf den Einschätzungen von Banken bestehen.

Mit Geltung der BMVO stand fest, dass EURIBOR und EONIA nicht BMVO-konform ermittelt worden sind. Der EONIA, der als Referenzzinssatz für unbesicherte Übernacht-Geldaufnahmen auf dem Interbankenmarkt Anwendung findet, kann mit der jüngsten Verlängerung des Übergangszeitraums noch bis zum 3. Januar 2022 verwendet werden. Der EONIA wird jedoch heute schon auf Grundlage der neuen Euro Short-Term Rate (€STR) berechnet. Der Nachfolgezinssatz €STR wird seit dem 2. Oktober 2019 veröffentlicht. Der €STR wird – anders als der EONIA – aus der Perspektive einer darlehensaufnehmenden Bank ermittelt. Es werden nicht mehr nur Interbanken-Transaktionen berücksichtigt, sondern als Gegenparteien auch Geldmarktfonds, Investment- oder Pensionsfonds und andere Finanzakteure wie Zentralbanken betrachtet. Im Unterschied zum EONIA fällt der EURIBOR nach jüngsten Entwicklungen nicht weg. Der Referenzzinssatz für kurz- bis mittelfristige Terminanleihen wird unter Berücksichtigung der Vorgaben der BMVO aber anders berechnet. Im Juli 2019 hatte die zuständige Aufsichtsbehörde die neue Berechnungsmethode für den EURIBOR anerkannt. Damit können auch Verträge mit längeren Laufzeiten nach wie vor auf den EURIBOR referenzieren.

II. Vertragsgestaltung

Das Thema setzt sich dennoch in der Gestaltungspraxis fort. Denn die gestiegenen gesetzlichen Anforderungen an die Berechnung der Referenzzinssätze bringen zugleich ein höheres Ausfallrisiko mit sich. So hat die Europäische Zentralbank (EZB) jüngst Hinweise zur vertraglichen Gestaltung von Marktstörungsklauseln veröffentlicht. Sie gelten für bestehende Verträge und Neuabschlüsse. Neben den auch in der Vergangenheit bekannten Auffangklauseln für einen temporären Ausfall von Referenzzinssätzen, empfiehlt die EZB Regelungen für den dauerhaften Wegfall des EURIBOR zu treffen. Ferner müssen etwaig vereinbarte Ersatzreferenzzinssätze den Anforderungen der BMVO genügen. Die EZB hat angekündigt, Methoden zur Berechnung alternativer Referenzzinssätze zu erarbeiten. Für den Fall, dass sich die Werte von Referenzzinssatz und Ersatzreferenzzinssatz erheblich unterscheiden, lohnt es sich, über wirtschaftliche Anpassungsklauseln nachzudenken. Bankenkonsortien werden darauf hinwirken, Entscheidungen über Anpassungen nicht einer Einstimmigkeit der Konsorten zu unterwerfen. In Zeiten der Unsicherheit ist auch denkbar, dass diese darauf drängen, eine Regelung aufzunehmen, nach der sie ihre tatsächlichen Refinanzierungskosten als Zinsen erstattet bekommen.

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