Wertpapieraufsicht: Wirecard lässt grüßen

Neue Dienstanweisung für private Finanzgeschäfte der Beschäftigten der BaFin

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Hard cases make bad law – diese aus dem US-Recht stammende Rechtsweisheit soll ausdrücken, dass ein Extremfall unmittelbar dazu führt, dass „schlechtes Recht" geschaffen wird. „Schlechtes Recht" daher, weil es sich zu sehr an dem einen Extremfall orientiert und weniger die normalen, allgemeingültigen Fälle berücksichtigt. Der Extremfall ist aus dieser Perspektive keine geeignete Grundlage für die Schaffung neuen, ausgewogenen Rechts. Andererseits sind es aber gerade oft erst die Extremfälle, die Defizite bei den allgemeinen Gesetzen und Regelungen aufzeigen.

Causa Wirecard: Objektivität der Finanzaufsicht?

Zu diesen Extremfällen gehört sicher auch die Causa Wirecard. Nach der Insolvenz wurden bezüglich der Wertpapieraufsicht Zweifel an der Objektivität der durchgeführten Aufsicht laut. Einzelne Mitarbeiter der BaFin sollen – noch deutlich vor der Insolvenz – ausgerechnet dann Aktien von Wirecard gekauft haben, wenn der Kurs nach dem Bekanntwerden von Vorwürfen gesunken war. Dies kann man als das geschickte Einsteigen zu günstigen Kursen, aber auch als eine Wette auf steigende Kurse bei einer späteren Zerstreuung der Vorwürfe werten. Pikant ist dies unter folgendem Aspekt: Die BaFin kann, wenn sie als Aufsichtsbehörde fungiert, auf erhobene Vorwürfe mitunter sehr unterschiedlich reagieren: Sie kann den Vorwürfen nachgehen und Ermittlungen gegen den Emittenten der Wertpapiere einleiten, wenn dazu Anlass besteht. Sie kann aber auch prüfen, ob der den Vorwurf Erhebende aus eigennützigen und unlauteren Motiven handelt, und dann wegen versuchter Marktmanipulation ermitteln und Schutzmaßnahmen wie ein Verbot von Leerverkäufen erlassen. Im Fall von Wirecard ist bekanntlich vorrangig Letzteres geschehen. Aus Sicht der betroffenen Anleger wäre es fatal, sollte sich herausstellen, dass die Entscheidung, den erhobenen Vorwürfen nicht nachzugehen, durch die Zusammensetzung des Aktiendepots der maßgeblichen Entscheidungsträger beeinflusst gewesen sein könnte. Konkrete Anhaltspunkte dafür liegen allerdings soweit ersichtlich nicht vor.

Erste Maßnahme: Gesetzliches Verbot für bestimmte private Finanzgeschäfte

Um zu vermeiden, dass es zu solchen Interessenskonflikten bei den Mitarbeitenden der BaFin kommen kann, ist mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) bereits im Juni 2021 in Form von § 11a des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG) ein gesetzliches Verbot für bestimmte private Finanzgeschäfte der Mitarbeiter der BaFin eingeführt worden. Dieses betrifft insbesondere Wertpapiere, die an einem organisierten Markt gehandelt werden. Außerdem verboten sind Geschäfte mit Finanzinstrumenten von Unternehmen, die entweder selbst oder mittelbar über ein Gruppenunternehmen der Aufsicht der BaFin unterliegen.

Weitere Maßnahme: Erlass der neuen Dienstanweisung

Mit Erlass einer Dienstanweisung hat die BaFin zum 1. September 2022 nunmehr zusätzlich von der im FinDAG eingeführten Möglichkeit Gebrauch gemacht, weitere Finanztransaktionen zu verbieten, bei denen ein Interessenskonflikt besonders zu befürchten ist. Hervorzuheben ist insofern das Verbot von privaten Finanzgeschäften mit Finanzinstrumenten, die im Freiverkehr gehandelt werden. Dies ist konsequent, weil auch diese in bestimmten Bereichen, wie z. B. dem Insiderrecht, der Wertpapieraufsicht unterliegen. Auch hier können sich daher Interessenskonflikte im Rahmen der Aufsicht ergeben. Konsequent ist es auch, dass dieses Verbot per Dienstanweisung nicht für alle Mitarbeitenden gilt. Es ist beschränkt auf bestimmte Mitarbeitergruppen, bei den tatsächlich mit einem solchen Interessenskonflikt zu rechnen ist. Zu nennen sind hier insbesondere die Mitarbeitenden der Wertpapieraufsicht selbst. Nicht weniger wichtig ist das durch die neue Dienstanweisung eingeführte Verbot, keine privaten Finanzgeschäfte zu tätigen, bei denen die Mitarbeitenden einem Interessenskonflikt unterliegen. Hierbei wird es sich um einen konkreten Interessenskonflikt handeln müssen. Auch dies ist konsequent und im Ergebnis sehr zu begrüßen.

Wie eingangs erwähnt, können also auch Extremfälle zu guten und sinnvollen Maßnahmen führen.

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