Nachrangklauseln in Finanzierungsinstrumenten sind unbeliebt. Der ohnehin zumeist schon ungesicherte Gläubiger wird in der Insolvenz gegenüber anderen Gläubigern schlechter gestellt als er ohnehin schon steht. Und wenn es sich gar um einen qualifizierten Nachrang handelt, dann darf der Schuldner die Zahlung bereits verweigern, wenn ihm gerade nicht genügend freie Mittel zur Verfügung stehen. Was aus Unternehmersicht eine komfortable Position zu sein scheint, hat aber einen hohen Preis: Am Kapitalmarkt haben Nachrangprodukte – vorsichtig ausgedrückt – einen eher mittelmäßigen Ruf. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) warnt nicht ohne Grund zur Vorsicht.
Nachrangabrede als Instrument zur Vermeidung von Regulierung
Gleichwohl haben Nachrangabreden eine gewisse Verbreitung gefunden und finden sich immer wieder auch in Finanzprodukten seriöser Anbieter. Denn der Nachrang wird regulatorisch gleichsam incentiviert. Wer Anlegergelder einsammeln und damit ein sogenanntes alternatives Asset finanzieren möchte, der kommt um eine qualifizierte Nachrangabrede kaum herum. Andernfalls droht eine Einordnung als Investmentfonds bzw. – technisch – als Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) und damit eine umfangreiche Regulierung. Und Investitionen in alternative Assets sind weiterhin beliebt: Von Immobilien über Alternative Energieanlagen bis zu Private Equity and Private Debt bieten alternative Assets einen bunten Strauß an Investmentmöglichkeiten.
Mit dem KAGB, der Umsetzung der Europäischen-Alternative-Investment-Fund-Manager-Richtlinie, hat Deutschland den Markt für alternative Investments einer strikten Regulierung unterworfen. Anknüpfungspunkt ist dabei der Begriff des Investmentvermögens. „Investmentvermögen" gem. § 1 KAGB ist „jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist." Diese Definition hat zu vielen Abgrenzungsfragen geführt, die teilweise bis heute nicht abschließend beantwortet sind. Die BaFin hat in ihrem Auslegungsschreiben zum Begriff des „Investmentvermögens" dazu Stellung genommen und unter anderem klargestellt, dass eine „gemeinsame Anlage" dann nicht vorliegt, wenn Emittent und Investor einen qualifizierten Nachrang vereinbaren. Seither ist der Nachrang das Standardinstrument zur Vermeidung der Fondsregulierung.
Häufig kein Erfordernis bei elektronischen Wertpapieren
In jüngster Zeit finden sich Nachrangabreden allerdings auch immer wieder in den Bedingungen für sogenannte Security Token (tokenisierte Vermögensanlagen) oder elektronische Wertpapiere nach dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG). Ob ein Nachrang in dieser Art von Instrumenten, die entweder zumindest regulatorisch (Security Token) oder auch zivilrechtlich (elektronische Schuldverschreibungen) als Wertpapiere betrachtet werden, immer notwendig ist, darf bezweifelt werden. Zum einen finden sich derartige Klauseln auch in Bedingungen von Emittenten, die offensichtlich operativ tätige Gesellschaften sind (wie z. B. Projektentwickler) und bereits deswegen kein Investmentvermögen darstellen. Zum anderen versprechen viele Instrumente neben der Rückzahlung lediglich einen fixen Zinssatz, d. h. es gibt keine Erfolgsbeteiligung. Sie ähneln damit Darlehen.
Auch ohne Nachrang oft kein Anwendungsfall des KWG
Allerdings können darlehensähnliche Verträge in eine andere Regulierungswelt führen, nämlich die des Kreditwesengesetzes (KWG). Die Gewährung von Gelddarlehen ist regelmäßig Darlehensgeschäft, die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder ist Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 KWG. Beides erfordert eine Bankerlaubnis, sofern das Geschäft gewerbsmäßig betrieben wird (was bei Kleinanlegern regelmäßig nicht der Fall ist).
Sofern der Rückzahlungsanspruch in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, liegt jedoch kein Einlagengeschäft vor. Bei den aktuell emittierten elektronischen Wertpapieren nach dem eWpG handelt es sich jedoch in der Regel um Schuldverschreibungen. Das bedeutet, dass schon deswegen kein Risiko eines erlaubnispflichtigen Bankgeschäfts mehr besteht. Insofern besteht aus regulatorischer Sicht in solchen Fällen von Wertpapieremissionen auch keine Notwendigkeit, die unbeliebten Nachrangklauseln zu vereinbaren.
Sofern der Emittent nicht zum „Schutz" vor Forderungen seiner Gläubiger eine Nachrangvereinbarung wünscht, kann also in vielen Fällen darauf verzichtet werden
Dazu passende Artikel
-
Wertpapieraufsicht: Wirecard lässt grüßen
-
Grundschuld und Rückgewähranspruch als Sicherheiten
-
Maßnahmenpaket der Bundesregierung
-
Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens einer KG