Erbschaftsteuerbefreiung des Familienheims bei Einzug nach 6 Monaten

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Ein geerbtes Haus oder eine Eigentumswohnung ist erbschaftsteuerfrei, wenn der Einzug des Erben/der Erbin relativ zügig nach dem Erbfall erfolgt. Dieser Zeitraum wird i.d.R eingehalten, wenn er innerhalb von sechs Monaten liegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte es im vorigen Jahr mit einem Erbfall aus dem Jahr 2013 zu tun, bei dem dieser Zeitraum wesentlich überschritten wurde (Az. II R 46/19). Der Sachverhalt gab dem Gericht die Möglichkeit, gleich auf mehrere Besonderheiten einzugehen.

Ein Sohn erbte im Oktober 2013 eine Doppelhaushälfte von seinem Vater. Der hatte dieses Haus bewohnt, der Sohn direkt nebenan die andere Doppelhaushälfte. In der Folgezeit ließ der Sohn das ererbte Haus umfangreich renovieren und sanieren und danach wurden beide Haushälften miteinander zu einer Wohnung verbunden.

Der Sohn zog 34 Monate nach dem Erbfall in die verbundene Wohnung ein. Wegen des Zeitablaufs lehnten das Finanzamt und auch das angerufene Finanzgericht (FG) die in § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG vorgesehene Steuerfreiheit ab. Der dagegen angerufene BFH zeigte sich großzügiger. Zunächst wies das Gericht darauf hin, dass die Steuerfreiheit auch dann zu gewähren ist, wenn ein ererbtes Haus mit einem dem Erwerber bereits gehörenden Haus zu einer selbst genutzten Wohnung verbunden wird. Die hinzuerworbene Wohnung darf nur die im Gesetz angeführte Größe von 200 qm nicht übersteigen. Die Selbstnutzung muss aber innerhalb angemessener Zeit erfolgen; es reicht dazu nicht, dass der Erwerber diese Absicht geäußert hat und auch den Garten oder den Balkon genutzt hat oder wie hier, die Räume zunächst als Lagerraum nutzt. Die o.a. Frist von sechs Monaten ergibt sich aus einer angemessenen Zeit zum Überlegen, Prüfen und Umziehen nach dem Erbanfall.

Erfolgt der Einzug erst später, muss der Erbe/die Erbin im Einzelnen nachweisen, dass die Verzögerung auf Umstände zurückzuführen ist, die er/sie nicht zu vertreten hat. So können z. B. nach der Entscheidung für den Einzug gravierende Mängel entdeckt werden, die erst zeitaufwendig beseitigt werden müssen. Oder wie im entschiedenen Fall kann im Zuge der Renovierungen ein Wasserschaden auftreten, der erst nach einer langfristigen Trocknungszeit zu beseitigen ist. Auch wenn sich die Verzögerung daraus ergibt, dass die zu beauftragenden Handwerker wegen Überlastung mit Aufträgen ihre Arbeit nicht schneller erledigen können, liegt kein Verschulden des Erben vor. Das gilt auch dann, wenn der Erbe nicht sämtliche technischen Möglichkeiten zur Beschleunigung ausnutzt, weil dies wirtschaftlich nicht zu vertreten wäre. Im Urteilsfall wurden bei dem Wasserschaden keine Trocknungsgeräte eingesetzt, sondern eine entsprechend längere Zeit für ein natürliches Abtrocknen abgewartet. Zur Durchsetzung der Steuerbefreiung ist es aber wichtig, dass die aufgetretenen Verzögerungen nachweisbar nicht dem Erben/der Erbin angelastet werden können. Der BFH hat diesen Fall jetzt erst einmal an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen, damit dort die genauen Gründe für die lange Zeit bis zum Einzug aufgeklärt werden können.

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