FSA-Schiedsstelle bestätigt: Tagungsstätten mit Gourmetrestaurant und Spielbank nicht vereinbar mit dem FSA-Kodex

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Im September hat die Schiedsstelle des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. (FSA) unter dem Aktenzeichen Az. 2023.3-680 eine neue Entscheidung zur Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen veröffentlicht und ihre Spruchpraxis zur „Anreizwirkung“ für Teilnehmende aus der unmittelbaren Umgebung des Tagungsortes konkretisiert. Die Schiedsstelle hat insbesondere festgestellt, dass es für die Auswahl des Tagungsortes keine Rolle spielt, ob im näheren Umkreis der Teilnehmenden auch nicht touristisch geprägte Tagungsorte vorhanden sind. Außerdem setzt sich die Schiedsstelle in dieser Entscheidung erneut mit der angemessenen Ausstattung einer Tagungsstätte auseinander. Grundlage der Entscheidung sind die Vorgaben im FSA-Kodex Fachkreise sowie die zugehörigen Leitlinien des Vorstands des FSA.

Der Veranstalter wurde abgemahnt und hat das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen. Die Schiedsstelle hat eine Geldbuße in Höhe von 10.000 EUR festgesetzt, die an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen war.

Tagungsort und Tagungsstätte der Veranstaltung

Gegenstand des Verfahrens war die Fortbildungsveranstaltung eines FSA-Mitgliedsunternehmens im März 2023, die im Romantik Hotel Jagdhaus Eiden am See (nachfolgend „Jagdhaus Eiden“) in Bad Zwischenahn stattfand. Bad Zwischenahn ist ein Ort am Zwischenahner Meer, einem See etwa 18 Kilometer entfernt von Oldenburg. Die Teilnehmenden reisten aus einem maximalen Umkreis von 50 Kilometern an. Die Schiedsstelle sah Bad Zwischenahn als einen touristisch geprägten Ort an. Das Jagdhaus Eiden verfügt über zwei Restaurants, von dem eines mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist und beherbergt eine Spielbank innerhalb der Hotelanlage. Daneben verfügt das Hotel über einen großzügigen Spa- und Wellnessbereich mit Innen- und Außenpool, sowie über eine große Parklandschaft, unter anderem mit Strandkörben und einem Seezugang mit Privatstrand.

Die wesentlichen Entscheidungsgründe

Nach Auffassung der Schiedsstelle des FSA muss bei der Auswahl des Tagungsortes nicht berücksichtigt werden, ob sich für die Teilnehmenden im näheren Umkreis ein alternativer Tagungsort angeboten hätte, der nicht touristisch geprägt ist. Das Jagdhaus Eiden halte allerdings ein Angebot bereit, das über den typischen Standard eines 4-Sterne-Business-Hotels hinausgehe. Dabei sei unerheblich, dass die Teilnehmenden das Angebot des Hotels nicht genutzt haben und auch nicht hätten nutzen können.

1. Keine Verpflichtung zur Wahl eines weniger touristisch geprägten Ortes im 50-Kilometer-Radius

Die Schiedsstelle des FSA stellt fest, dass das Mitgliedsunternehmen die Veranstaltung nicht in dem nahe gelegenen Ort Oldenburg hätte ausrichten müssen. Zwar handele es sich hierbei um einen weniger schwerpunktmäßig touristisch geprägten Ort als Bad Zwischenahn, der Wortlaut der Ziff. 12a. 1 (iii) der Leitlinien des Vorstands des FSA zum FSA-Kodex Fachkreise sei insofern aber eindeutig. Mitgliedsunternehmen könnten in der Regel einen Tagungsort mit touristischer Prägung auswählen, solange die einfache Fahrtstrecke zum Tagungsort 50 Kilometer nicht überschreite. Demgemäß sei es unerheblich, wenn es in der unmittelbaren Umgebung einen weniger touristisch geprägten Ort gebe. Hierbei handele es sich um einen „Safe Harbour“-Grundsatz, der zur Rechtssicherheit beitragen solle und der Schiedsstelle keinen über den klaren Wortlaut hinausgehenden Auslegungsspielraum biete.

2. Der Wegfall der Anreizwirkung bei einem Teilnehmerkreis aus der unmittelbaren Umgebung gilt nicht für die Tagungsstätte

Das Jagdhotel Eiden weise einen Erlebnis- und Erholungscharakter auf, der über den typischen Standard eines 4-Sterne-Business-Hotels hinausgehe. Hierfür sprechen nach Ansicht der Schiedsstelle insbesondere das Gourmetrestaurant, der großzügige Wellnessbereich und die Spielbank. Es sei unerheblich, dass der Teilnehmerkreis aus der unmittelbaren Umgebung komme. Der Wegfall der Anreizwirkung gemäß Ziff. 12a 1. (iii) der Leitlinie gelte nur für die Auswahl des Tagungsortes, sei jedoch nicht auf die Tagungsstätte übertragbar.

Wie bereits in der Entscheidung zum Gäubodenvolksfest (Az. 2022.8-667-672, 674) festgestellt, hat die Schiedsstelle nochmals bestätigt, dass es bei der Bewertung der Tagungsstätte nicht darauf ankomme, ob die Teilnehmenden das Angebot tatsächlich genutzt haben oder hätten nutzen können. Ebenso sei unerheblich, dass die Außenanlage des Hotels im März aufgrund der kalten Jahreszeit grundsätzlich nicht genutzt werde.

Insofern ist ein Unterschied zur Spreespeicher-Entscheidung der Schiedsstelle (Az. 2022.3-639-645, 647-649) zu erkennen: In diesem Fall wurde bei der Bewertung der Terrasse der Tagungsstätte am Spreeufer berücksichtigt, dass diese im Februar nicht genutzt wird und sie zu dieser Jahreszeit keinen einladenden Charakter hat. Entscheidend für diese unterschiedliche Wertung ist das Gesamterscheinungsbild. In der Entscheidung zum Jagdhaus Eiden betont die Schiedsstelle, dass man bei der Betrachtung der Fotos auf der Homepage unabhängig von der Jahreszeit den Eindruck gewinne, dass es sich bei dem Jagdhaus Eiden um kein typisches Tagungshotel handele.

Fazit: Genaue Prüfung des Erlebnis- und Erholungscharakters der Tagungsstätte

Erfreulicherweise bestätigt die Schiedsstelle in ihrer Entscheidung, dass bei einem Teilnehmerkreis aus der näheren Umgebung nicht zwingend ein weniger touristisch geprägter Tagungsort für die Veranstaltung ausgewählt werden muss. Daneben macht die Schiedsstelle in ihrer Entscheidung deutlich, welche Kriterien für einen, nicht mit dem FSA-Kodex zu vereinbarenden, Erlebnis- und Erholungscharakter sprechen. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass es stets auf eine Bewertung des Einzelfalls ankommt. Trotzdem sollten insbesondere Tagungsstätten mit einem Sternerestaurant, einem hoteleigenen Seezugang oder einer Spielbank einer gründlichen Prüfung unterzogen werden. Die Entscheidung verdeutlicht, dass der FSA die Überprüfung der Anreizwirkung ernst nimmt und bei Kodex-Verstößen entsprechend durchgreift.

Bei der Compliance-Prüfung von Veranstaltungsorten und Veranstaltungsstätten unterstützen wir Sie gern.

 

Gemeinsam verfasst mit Katharina Bluhm

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