„Fearless“-Remake – Taylor Swift mischt die Musikindustrie auf

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Taylor Swift nimmt ihre zwischen 2008 und 2018 erschienene Musik neu auf. Nicht neu interpretiert, sondern als Eins-zu-eins-Kopie. Was es damit auf sich hat? Mit diesem unkonventionellen Manöver holt Swift sich unter anderem die Hoheit über ihr Album „Fearless" aus dem Jahr 2008 zurück, mit dem sie zum internationalen Star wurde. Die übrigen fünf Alben, die sie unter ihrem ersten Plattenvertrag mit dem Musiklabel Big Machine Label Group aufgenommen hat, sollen folgen. In den Medien wird sie dafür gefeiert.

Nach dem Vertragsende in 2018 und dem Wechsel Swifts zu Universal Music Group blieben die Rechte an den Originalaufnahmen – wie vertraglich vereinbart und in der Musikindustrie üblich – bei dem früheren Label. Swifts Versuch, sie abzukaufen, scheiterte. Stattdessen erwarb sie Musikmogul Scooter Braun, gegen den Swift erklärtermaßen eine persönliche Aversion hegt.

Urheberrecht ja, Rechte an Originalaufnahmen nein

Warum hat Swift nicht die Kontrolle über ihre eigene Musik? Als Singer-Songwriterin hat sie die Urheberrechte am Liedtext und der Melodie ihrer Musik. Hier geht es jedoch nicht um das Urheberrecht an den Musikstücken, sondern um das Recht an den Originalaufnahmen der Songs: das Tonträgerherstellerrecht. Dieses lag nie bei Swift, sondern bei ihrem früheren Musiklabel, das die sogenannten Masterbänder produziert hat und sie exklusiv verwerten darf. Was unfair klingt, ist das Tagesgeschäft der Plattenfirmen. Sie übernehmen die teils extremen Produktionskosten und damit das Risiko, mit einzelnen Musikern ein Verlustgeschäft zu machen. Im Gegenzug verdienen sie überproportional an den wenigen Chartstürmern, die den Durchbruch schaffen.

Erneuter Gang ins Studio: Cleverer Schachzug oder unzulässige Umgehung?

Swift spielt nun also ihre ersten sechs Alben neu ein und bringt sie mit dem Appell an ihre Fans auf den Markt, nur noch die neue „Taylor-Version" zu hören. Wird der alte Deal so nicht auf unzulässige Weise umgangen? Denn für die alten Swift-Aufnahmen bedeutet die Neuauflage einen enormen Wertverlust. Swifts Anwälte sind sich ihrer Sache sicher, haben den Fall aber auch nach US-Recht zu bewerten.

Für uns interessant: Wäre der Schritt nach deutschen Recht zulässig? Wie so oft kommt es darauf an, was die Parteien vertraglich vereinbart haben. Viele Plattenfirmen sichern sich gegen eine solche Situation ab. Zunächst einmal binden sie den Künstler während der Vertragslaufzeit exklusiv an sich. Das bedeutet der Künstler darf ausschließlich mit dem Musiklabel kooperieren (persönliche Exklusivität). Zusätzlich verpflichtet er sich, die eingespielten Titel – für die Dauer des Vertrages und einige Jahre danach – nicht erneut bei einem anderen Label aufzunehmen (Titelexklusivität). Während des laufenden Vertrages versteht sich das im Grunde von selbst und ist Ausprägung der vertraglichen Treuepflicht gegenüber dem Vertragspartner. Nach Vertragsende wäre der Künstler aber ohne entsprechende Regelung wieder frei. Das Label, dessen Geschäftsmodell darauf setzt, auch nach Vertragsende mit erfolgreichen Künstlern Gewinne zu erwirtschaften, lebt ohne gute Verträge also gefährlich. Aus deutscher Sicht wäre Swifts Schachzug nur zulässig, wenn sich das Musiklabel nicht mit guten Verträgen und vor allem wirksamen Klauseln abgesichert hat.

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