Aktuelle Entwicklungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung wie die EU Taxonomie oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) fordern viele Unternehmen zum Handeln auf. Wir möchten Ihnen in diesem und folgenden Beiträgen die geänderten Anforderungen an Unternehmen vorstellen, damit Sie rechtzeitig die geeigneten Strukturen schaffen können.
Während ein Großteil der mittelständischen Unternehmen die Form und freiwillige Veröffentlichung der Nachhaltigkeitsberichterstattung bisher weitestgehend selbst bestimmen konnte, werden bis spätestens Ende Sommer 2023 neue Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erwartet: Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) gehen aus der europäischen Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) hervor. Mit der Finalisierung der ESRS ist der deutsche Gesetzgeber dann verpflichtet, die CSRD in nationales Recht bis spätestens Juli 2024 zu transformieren. Es ist davon auszugehen, dass die generelle Vorgehensweise und der Rahmen der CSRD bzw. der ESRS sich nicht mehr wesentlich verändern werden.
Was sind die ESRS?
Die ESRS stellen eine neue Form der Berichterstattung dar, um Nachhaltigkeitsthemen unternehmensübergreifend einheitlich und strukturiert zu formalisieren. Zentral ist hierbei die Unterscheidung in drei Unterthemen: Umwelt, Soziales und Governance (englische Abkürzung ESG). Ein weiterer wichtiger Bestandteil der ESRS ist die sogenannte Wesentlichkeitsanalyse. Sie dient Unternehmen zur inhaltlichen Identifizierung von Fokusthemen.
Für welche Unternehmen gelten die ESR-Standards?
Die ESRS wird für große Unternehmen verpflichtend, die zwei der folgenden drei Kriterien überschreiten:
- EUR 25 Mio. Bilanzsumme
- EUR 50 Mio. Umsatzerlöse
- Im Jahresdurchschnitt 250 Arbeitnehmer
Des Weiteren wird es einen „ESRS-light" für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) mit Kapitalmarktorientierung geben. Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass alle anderen Unternehmen mindestens indirekt zum Beispiel aufgrund konkreter Banken- oder Kundenanforderungen davon betroffen sein werden.
DIE ESRS IM ÜBERBLICK
In dem im November 2022 veröffentlichen ESRS-Entwurf sind zwölf Kernstandards definiert:
- Zwei themenübergreifende Standards (ESRS 1 und 2)
- Zehn themenspezifische und sektorenübergreifende Standards aus den Bereichen Umwelt (ESRS E1-E5), Soziales (ESRS S1-S4) und Governance (ESRS G1)
Hinzu kommen sektorenspezifische Standards, deren Entwicklung und Finalisierung jedoch nachgelagert und für das Jahr 2024 vorgesehen sind.
12 sektorübergreifende Kernstandards (Entwurf November 2022)
THEMENÜBERGREIFENDE ANFORDERUNGEN ESRS 1 UND 2
Der ESRS 1 beschreibt die generellen Anforderungen, die sich über den gesamten Standard und alle Einzelangaben erstrecken. Er weist der Wesentlichkeitsanalyse unter Einbindung von Anspruchsgruppen zur Bestimmung der Fokusthemen unter den Gesichtspunkten Umwelt-Gesellschaftsauswirkung und Finanzauswirkung („Inside-Out-" und „Outside-In-Perspektive") eine wichtige Rolle zu. Der zu implementierende Nachhaltigkeitssorgfaltspflichtenprozess (Due Diligence) beschreibt hierzu einen Nachhaltigkeitsmanagementprozess. Hierbei stehen die Verankerung des Themas im Unternehmen, die Auswirkungsbewertungen sowie die Maßnahmenformulierung und -überwachung im Fokus.
Weiter definiert der ESRS1:
- Anforderungen an die Transparenz zur vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette
- erforderliche Zeithorizonte, die sowohl vergangenheitsbezogen als auch zukunftsorientiert je Einzelthema definiert werden müssen
- Darstellungsanforderungen im Lagebericht sowie die Einbeziehung der geltenden EU Taxonomieinhalte
- diverse Übergangsregelungen
Der ESRS 2 gibt verpflichtende Angaben zum Unternehmen und zum Verständnis des Unternehmenskontextes vor. Darüber hinaus beschreibt er die Offenlegung zur Compliance, also die Angaben zur Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften. Neben diesen Themen schafft er das Grundgerüst, das für jede wesentliche sektorspezifische Angabe veröffentlicht werden muss. Diese sind:
- Governance: Implementierung von Kontrollprozessen
- Verbindung von Strategie und Geschäftsmodell: Praktische Umsetzung in zentrale Unternehmensprozesse
- Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen: Darstellung und Zusammenhänge des Gesamtprozesses
- Kennzahlen & Ziele: Definition von messbaren Zielen sowie deren Bewertung
THEMENSPEZIFISCHE ESG-STANDARDS
Obgleich sich die insgesamt zehn themenspezifischen, sektorübergreifenden Standards in ihrer Komplexität unterscheiden, sind ausgewählte Standards bzw. Angaben für alle Unternehmen verpflichtend. Hierbei handelt es sich um die Standards ESRS E1 Klimawandel – also die Angabe der CO2-Emissionen – und ESRS S1 – also die Offenlegung von Informationen gegenüber der eigenen Belegschaft. Darüber hinaus existieren verpflichtende Angabepflichten für ausgewählte Industrien (ESRS E4 Biodiversität und Ökosysteme).
FAZIT: UMSETZUNG DER STANDARDS FRÜHZEITIG PLANEN
Aufgrund des Umfangs, der Komplexität und des für die Umsetzung vorgesehenen engen Zeitrahmens empfehlen wir Ihnen, sich frühzeitig mit den neuen Verlautbarungen zu befassen. Dies beinhaltet insbesondere die Entwicklung eines Projektplans unter Berücksichtigung von Zeitvorgaben und der Zuordnung von Verantwortlichkeiten. Zudem raten wir, neu implementierte und extern zu prüfende Berichtsprozesse mindestens ein Jahr vor der Erstprüfung zu integrieren und zu testen.
Gern unterstützen wir Sie bei der Planung und Umsetzung der ESRS in Ihrem Unternehmen – sprechen Sie uns an.
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