Der Bundesgerichtshof (BGH) hat darüber entschieden, ob eine Betriebsschließungsversicherung das Risiko der Schließung aufgrund der COVID-19-Pandemie abdeckt (Urteil vom 26. Januar 2022, Az. IV ZR 144/21). Das Urteil des BGH lautet: Es kommt auf das „Kleingedruckte" an.
Was war passiert?
Der Kläger ist Gaststättenbetreiber. Wegen des Pandemiegeschehens mussten im März 2020 alle Gaststätten vorübergehend schließen. Der Kläger forderte Entschädigung von seiner Versicherung, bei der er das Risiko einer Betriebsschließung zu den folgenden Vertragsbedingungen gedeckt hatte:
„§ 2 Versicherte Gefahren
- Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern bei Menschen schließt; [...]
Welche Krankheiten oder Krankheitserreger solche im Sinne der Vertragsbedingungen sind, wurde in den Vertragsbedingungen namentlich aufgeführt. Die Versicherung wurde vor erstmaligem Auftreten des Corona-Virus abgeschlossen, sodass das Virus und hierdurch verursachte Krankheiten in den Vertragsbedingungen nicht benannt wurden.
Die Gerichtsentscheidung
Der BGH wies die Klage ab. Er stützte die Abweisung allerdings – abweichend vom OLG Schleswig in der Vorinstanz – nicht darauf, dass nur konkrete, einzelfallbezogene Maßnahmen zur Bekämpfung einer gerade aus dem konkreten Betrieb erwachsenen Infektionsgefahr dem Versicherungsschutz unterlägen. Eine solche Einschränkung könne den Vertragsbedingungen nicht entnommen werden.
Ein Anspruch des Klägers scheitere allerdings daran, dass das versicherte Risiko in den Vertragsbedingungen durch Aufzählung von Krankheiten und Erregern abschließend regelt sei. Die Krankheiten und Erreger würden „namentlich", also eben nicht nur beispielhaft aufgeführt. Die detaillierte Aufzählung ergebe nur bei abschließender Geltung Sinn. Hätte die Versicherung eine dynamische Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz bezwecken wollen, hätte sie einfach auf die jeweils geltenden Paragrafen des IfSG Bezug nehmen können. Außerdem hätte die Versicherung wohl keine bislang unbekannten Krankheiten versichern wollen. Die Versicherungsbedingungen hielten auch der AGB-Kontrolle durch den BGH stand.
Was bedeutet das für Ihre Betriebsschließungsversicherung?
Das „Kleingedruckte" kann einen wesentlichen Unterschied machen. Ob das Risiko einer Betriebsschließung aufgrund des Pandemiegeschehens von der Versicherung gedeckt ist, hängt von der Vertragsausgestaltung im Einzelfall ab. Listet Ihre Versicherungspolice Krankheiten und Krankheitserreger namentlich abschließend auf, besteht kein Versicherungsschutz, wenn nicht auch das Corona-Virus und COVID-19 ausdrücklich genannt sind – in älteren Policen dürfte dies natürlich regelmäßig nicht der Fall sein.
Enthält Ihre Versicherung einen dynamischen Verweis auf das IfSG, also ohne namentliche Nennung der versicherten meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger, kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt Sie Ihren Betrieb schließen mussten. Liegt der Zeitpunkt der Betriebsschließung vor dem 23. Mai 2020, hilft ein dynamischer Verweis auch nicht weiter, da COVID-19 erst ab diesem Zeitpunkt in § 6 IfSG aufgenommen wurde. Ansprüche aufgrund von Betriebsschließungen nach dem 23. Mai 2020 können Sie bei einer dynamischen Verweisung aber ggf. gegen Ihr Versicherungsunternehmen geltend machen.
Auch bei dem Abschluss einer neuen Betriebsschließungsversicherung sollte erwogen werden, ob eine dynamische Verweisklausel zur Absicherung künftiger Risiken sinnvoll erscheint.
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