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Das Wichtigste auf einen Blick

  • Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat Ende 2024 die neuen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise veröffentlicht.
  • In diesem Zuge konkretisiert die Finanzverwaltung ihre Anforderungen zur Anerkennung grenzüberschreitender Intercompany-Finanzierungen.
  • Bestehende und neue gruppeninterne Finanzierungsbeziehungen sollten danach auf ihre Fremdüblichkeit überprüft und dokumentiert werden.

Mit dem Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber zwei neue Absätze in das Außensteuergesetz aufgenommen (§ 1 Abs. 3d und 3e AStG) und damit erstmals eigenständige Regelungen zur Bestimmung von Verrechnungspreisen bei grenzüberschreitenden Finanztransaktionen zwischen nahestehenden Personen geschaffen. Die Regelungen sind bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden und führen zu einer spürbaren Verschärfung:

  • Der inländische Zinsabzug wird erheblich erschwert.
  • Treasury-bezogene Funktionen werden standardmäßig als funktions- und risikoarme Dienstleistung qualifiziert.

1 Abs. 3d AStG: Fremdüblichkeit von Finanzierungsaufwendungen

Für die steuerliche Anerkennung von Zinsaufwendungen in Deutschland gibt es drei zentrale Voraussetzungen:

1. Schuldentragfähigkeit

Der Darlehensnehmer muss glaubhaft machen, dass er von Beginn an in der Lage ist, den Kapitaldienst (Zins und Tilgung) über die gesamte Laufzeit zu erbringen.

2. Mittelverwendung

Der Darlehensnehmer muss glaubhaft machen, dass er die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und sie seinen unternehmerischen Zweck dient.

3. Fremdüblicher Zinssatz

Der anzuerkennende Zinssatz wird auf den Zinssatz beschränkt, zu dem sich das Unternehmen auf Basis des Gruppenratings von einem unabhängigen Dritten hätte finanzieren könnte. Alternativ ist ein aus dem Gruppenrating abgeleitetes (Einzel-)Rating zu verwenden, sofern nachgewiesen wird, dass es dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.

1 Abs. 3e AStG: Treasury-Funktionen als funktions- und risikoarme Dienstleistung

Die Weiterleitung oder Vermittlung von Finanzierungsbeziehungen, Liquiditäts- oder Währungsmanagement sowie ähnliche Dienstleistungen innerhalb eines Konzerns werden grundsätzlich als funktions- und risikoarme Dienstleistungen eingestuft.

Die neuen Verwaltungsgrundsätze sorgen für mehr Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Intercompany-Finanzierungen, führen jedoch zu erhöhten Anforderungen an Dokumentation und Nachweise.

Annette Groschke, Partnerin, Steuerberaterin

Konkretisierung durch die neuen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 (VWG VP 2024)

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2024 hat das BMF die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 veröffentlicht. Sie konkretisieren die neuen gesetzlichen Vorschriften und geben wichtige Hinweise zur praktischen Anwendung, insbesondere zu folgenden Aspekten:

Schuldentragfähigkeit: Wann gilt ein Darlehen als tragfähig?

  • Der Steuerpflichtige muss glaubhaft machen, dass von Anfang an ausreichend Vermögenswerte oder Zahlungsflüsse zu erwarten sind, um den Kapitaldienst zu erbringen.
  • Als Vermögenswerte sollen dabei sowohl mit dem Darlehen erworbene Vermögenswerte als auch andere Vermögenswerte des Schuldners berücksichtigt werden können.
  • Auch risikobehaftete Finanzierungen (z. B. bei Start-ups) oder solche mit Anschlussfinanzierung schließen eine Schuldentragfähigkeit nicht aus.
  • Das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Finanzierungsbeziehung für die Zinssatzbestimmung verwendete Rating soll zur Glaubhaftmachung herangezogen werden können, sofern dieses im Investment-Grade-Bereich liegt.
  • Bei kurzfristigen Kapitalüberlassungen (insbesondere aus einem Cash Pool) kann die Kapitaldienstfähigkeit regelmäßig angenommen werden.

Mittelverwendung: Was ist wirtschaftlich erforderlich?

  • Die Finanzierung muss für den Geschäftsbetrieb erforderlich sein – etwa zur Investition in Betriebsmittel oder Anlagen.
  • Eine reine Liquiditätsreserve ohne konkreten Verwendungszweck reicht für die Anerkennung nicht aus.
  • Auch konzerninterne Cash Pools können kritisch sein, wenn sie keinen klaren wirtschaftlichen Nutzen erkennen lassen.  
  • Zulässig bleiben jedoch die Finanzierung zum Aufbau von Liquiditätsreserven oder Kapitalpuffern (z.B. im Rahmen von Akquisitionsprozessen) oder für Gewinnausschüttungen oder zur Erfüllung regulatorischer Vorgaben.

Höhe des Zinssatzes: Worauf kommt es bei der Bonitätsbeurteilung an?

  • Zum Nachweis der Bonität werden Kreditwürdigkeitsratings in Bezug auf die Unternehmensgruppe verwendet. Öffentliche Ratings haben Vorrang vor privaten oder softwarebasierten Ratings.
  • Fehlt ein Gruppenrating, kann auf das Rating der obersten Konzerngesellschaft oder auf Finanzierungskosten gegenüber Dritten abgestellt werden.
  • Soweit ein aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating verwendet wird, ist nachzuweisen, dass dieses dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Hierbei sind die Bonitätseinschätzung, einschl. der damit verbundenen (fremdüblichen) quantitativen und qualitativen Faktoren, sowie die Effekte aus dem Bestehen eines möglichen Konzernrückhalts detailliert darzulegen.

Glaubhaftmachung und Gewinnanpassungen

  • Die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung – insbesondere Schuldentragfähigkeit und wirtschaftliche Notwendigkeit – müssen plausibel und nachvollziehbar dargelegt werden.
  • Dabei genügt es, wenn sie „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ erkennbar sind – es muss mehr dafür als gegen die Erfüllung der Voraussetzungen sprechen.
  • Die Darstellung muss substantiiert und in sich schlüssig sein, zum Beispiel durch Prognoserechnungen zur Kapitaldienstfähigkeit und zur Verwendung der Mittel.
  • Gelingt dieser Nachweis nicht, kann das Finanzamt die Einkünfte anpassen – etwa durch den vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Zinsaufwands als Betriebsausgabe.

Einstufung von Finanzierungsbeziehungen als funktions- und risikoarme Dienstleistung

  • Im Rahmen der Fremdkapitalüberlassung zwischen nahestehenden Personen ist zur Bestimmung des Zinssatzes vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden.
  • Relevante Vergleichsfaktoren sind Bonität, Laufzeit, Sicherheiten und Währung.
  • Ohne eigenes finanzielle Risiko steht der Finanzierungseinheit grundsätzlich nur eine risikolose Rendite zu (z. B. Cost-Plus-Vergütung).

Zeitliche Anwendung und Übergangsvorschriften

Die neuen Vorschriften gelten grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2024, auch für bereits bestehende Finanzierungsverhältnisse.

Praktische Umsetzung und Ausblick

Die Verwaltungsgrundsätze 2024 erhöhen die Regelungstiefe und reduzieren Rechtsunsicherheiten in einigen Bereichen. Ob damit jedoch das Ziel der gewünschten Steuervereinfachung erreicht wird, bleibt zweifelhaft. Fest steht: Die Glaubhaftmachung der Schuldentragfähigkeit und der wirtschaftlichen Notwendigkeit bedeuten einen erhöhten Analyse- und Dokumentationsaufwand für den Steuerpflichtigen.

Positiv hervorzuheben sind die neu verankerten Vereinfachungsregelungen, wie z.B. die Annahme der Schuldentragfähigkeit bei Investment-Grade-Ratings. Auch die grundsätzliche Annäherung an die einschlägigen OECD-Regelungen im Bereich der Intercompany-Finanzierung sorgt für mehr Konsistenz im internationalen Vergleich.

Unternehmen sollten ihre bestehenden und  künftigen gruppeninterne Darlehensverträge sowie sonstige Finanzierungsvereinbarungen auf ihre Fremdüblichkeit hin überprüfen und die Verrechnungspreisdokumentation entsprechend anpassen. Zudem ist eine rechtzeitige Vorbereitung geeigneter Nachweise unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen zum Thema

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Annette Groschke

Partnerin*, Steuerberaterin, Fachberaterin für Internationales Steuerrecht, Dipl.-Kauffrau

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