Das Wichtigste auf einen Blick
- Die Finanzverwaltung hat in 2022 ihre Auffassung zur Besteuerung sogenannter Fremdwährungskonten veröffentlicht. Diese möchte sie in allen offenen Fällen ab 2009 anwenden.
- Betroffene Steuerpflichtige sollten prüfen, ob sie innerhalb dieses Zeitraums Gewinne erzielt haben, die nach dieser Rechtsauffassung steuerpflichtig sind.
- Erschwert wird die Umsetzung der geänderten Rechtsauffassung dadurch, dass Banken diese Gewinne verpflichtend erst ab 2025 ermitteln und den Finanzämtern melden müssen. Bislang waren die Steuerpflichtigen dafür selbst zuständig.
Mit BMF-Schreiben vom 19. Mai 2022 hat die Finanzverwaltung ihre Auffassung zur Besteuerung von Fremdwährungskonten veröffentlicht. Bei Fremdwährungskonten handelt es sich um Konten, welche nicht in Euro, sondern einer anderen Währung geführt werden. Bei den meisten Banken ist die Einrichtung solcher Konten online innerhalb weniger Minuten möglich. Sodann lässt sich einfach Geld von einem in Euro lautenden Verrechnungskonto auf das Fremdwährungskonto transferieren.
Vorteile können beispielsweise
- die Diversifizierung des Portfolios,
- der Schutz vor Wertschwankungen des Euros durch die Investition in stabilere Währungen wie den Schweizer Franken,
- höhere Zinsen oder
- Gewinne durch die Ausnutzungen von Wertschwankungen einzelner Währungen sein.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann es sich bei der Veräußerung von Fremdwährungsbeträgen um ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handeln , sofern die Einkünfte nicht den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind. Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:
- Währungsgewinne/-verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer verbrieften oder unverbrieften verzinslichen Kapitalforderung oder eines verzinslichen Fremdwährungsguthabens (verzinsliches Fremdwährungskonto) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 EStG).
- Davon zu unterscheiden sind Fremdwährungsguthaben auf Zahlungsverkehrskonten (z. B. Girokonten), Kreditkarten und digitalen Zahlungsmitteln. Bei diesen kann unterstellt werden, dass sie ausschließlich als Zahlungsmittel eingesetzt werden und eine Einkunftserzielungsabsicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen fehlt. Daher sind diese Gewinne und Verluste nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.
- Dagegen sind Währungsgewinne/-verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer unverbrieften und unverzinslichen Kapitalforderung oder eines unverzinslichen Fremdwährungsguthabens als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 231 Satz 1 Nr. 2 EStG bei der Veräußerung des Fremdwährungsguthabens zu berücksichtigen. Sollte der Fremdwährungsbetrag innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Euro oder eine dritte Währung getauscht werden, so sind Währungsgewinne/-verluste, die bereits bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erfasst wurden, nicht zusätzlich bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zu erfassen.
Steuerliche Behandlung von Fremdwährungskonten ab 2009 prüfen
Die Finanzverwaltung möchte diese Rechtsauffassung in allen offenen Fällen und damit rückwirkend auf Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2008 zufließen, anwenden. Erstmaliger Anwendungszeitraum ist somit das Jahr 2009. Daher sollten Steuerpflichtige die bisherige steuerliche Behandlung prüfen, ob und inwieweit diese von der Auffassung der Finanzverwaltung abweicht.
Diese rückwirkende Anwendung der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wird dadurch erschwert, dass inländische Kreditinstitute erst seit dem 1. Januar 2024 verpflichtet sind, Währungsgewinne und -verluste ihrer Kunden zu ermitteln. Für Zeiträume vor diesem Stichtag obliegt es den Steuerpflichtigen selbst eine – unter Umständen höchst komplexe – Dokumentation und Meldung bei den Finanzbehörden vorzunehmen. Hinzu kommt, dass Banken und Sparkassen nach dem BMF-Schreiben vom 11. Juli 2023 spätestens ab 2025 verpflichtet sind, Fremdwährungsgewinne den Finanzbehörden zu melden und die darauf entfallenden Steuern abzuführen. Einige Kreditinstitute nehmen die Meldung schon 2024 vor. Zudem bieten einige Vermögensverwalter an, dass sie gegen einen Aufpreis eine Kalkulation der Vorjahre vornehmen. Insoweit kann es sich lohnen, die Banken und ggf. Vermögensverwalter einmal anzusprechen.
Währungsgewinne unterliegen unabhängig von einer Spekulationsfrist der Besteuerung
Die Finanzverwaltung besteuert insbesondere Währungsgewinne und -verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer verzinslichen Kapitalforderung oder eines verzinslichen Fremdwährungsguthabens als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Damit unterliegen diese Einkünfte unabhängig von einer Spekulationsfrist der Besteuerung.
Die erstmalige Meldung von Fremdwährungsgewinnen in 2024 oder 2025 durch die Kreditinstitute könnte auch dazu führen, dass die Finanzbehörden bei Steuerpflichtigen, die nun solche Einkünfte erzielen, solche aber in der Vergangenheit nicht in ihrer Steuererklärung angeben haben, selbst prüfen, ob auch in den Vorjahren derartige Gewinne erzielt worden sind. Dabei ist eine rückwirkende Prüfung bis zu zehn Jahren möglich. Sollte dies bejaht werden, würde dann ggf. die Frage im Raum stehen, ob eine Steuerstraftat nach den §§ 369 ff. AO vorliegt. Eine Strafbarkeit ließe sich jedenfalls durch die nachträgliche Erklärung der Fremdwährungsgewinne und ggf. einer Selbstanzeige (§ 371 AO) verhindern. Dabei ist zu beachten, dass an eine solche Selbstanzeige hohe Anforderungen gestellt werden. Diese sollten bei der Erstellung der Anzeige unbedingt beachtet werden.
Sollten Sie dazu Rückfragen haben oder Unterstützung benötigen, sprechen Sie uns gern an.
Verfasst mit Martin Obermeyer.
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