Textform soll Schriftform ersetzen

Auswirkungen des Bürokratieentlastungsgesetz IV auf das Gewerberaummietrecht

icon arrow down white

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Am 18. Oktober 2024 hat der Bundesrat das Bürokratieentlastungsgesetz IV bestätigt.
  • Das Textformerfordernis löst das Schriftformerfordernis voraussichtlich zum 1. Januar 2025 ab.
  • Ein Gewerberaummietvertrag kann dann zum Beispiel durch Speicherung von E-Mail-Korrespondenz geschlossen werden.
Artikel teilen

Am 18. Oktober 2024 hat der Bundesrat das Bürokratieentlastungsgesetz IV bestätigt, das die Wirtschaft in Hinblick auf Bürokratiekosten entlasten soll. Hierzu werden diverse Formerfordernisse im Zivilecht gesenkt, unter anderem auch das im Gewerberaummietrecht gefürchtete Schriftformerfordernis. Ob das Gesetz tatsächlich zu einer merklichen Verbesserung für Mietparteien führt, ist allerdings zweifelhaft. 

Das Schriftformerfordernis im Gewerberaummietrecht

Aktuell gilt es im Gewerberaummietrecht das Schriftformerfordernis zu beachten. Mietverträge, die für längere Zeit als für ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen werden, gelten für unbestimmte Zeit. Das stellt ein Risiko dar, da Schriftformmängel die vereinbarten Festlaufzeiten zunichtemachen können. Im Falle eines Schriftformverstoßes gilt nicht die vereinbarte Festlaufzeit. Stattdessen können beide Parteien den Mietvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen kündigen. Die Schriftformkündigung stellt somit eine Möglichkeit dar, sich eines unliebsam gewordenen Mietvertrages zu entledigen.

Während ursprünglicher Zweck der Schriftform der Erwerberschutz war, wurde der Anwendungsbereich von der Rechtsprechung immer weiter ausgedehnt. Alle wesentlichen Vertragsinhalte müssen in der Vertragsurkunde dokumentiert werden. Hierzu zählen beispielsweise

  • die Miethöhe,
  • die Belegenheit des Mietgegenstandes,
  • aber gegebenenfalls auch Mieterausbauten.

Nicht nur der Mietvertrag selbst unterliegt dabei dem Schriftformerfordernis, sondern auch alle Nachträge, die den Ursprungsmietvertrag andernfalls infizieren.

Das Textformerfordernis im Gewerberaummietrecht

Aufgrund des Bürokratieentlastungsgesetzes IV gelten Gewerberaummietverträge künftig als auf unbestimmte Zeit geschlossen, wenn sie nicht in Textform geschlossen wurden.

Der Begriff der Textform ist gesetzlich definiert und erfordert, dass eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Für Gewerberaummietverhältnisse soll demnach zwar keine Schriftform mehr gelten, wohl aber die Textform.

Der erste Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV sah noch vor, dass das Schriftformerfordernis im Gewerberaummietrecht ersatzlos fällt. Dieser Vorstoß wird durch das Gesetz jedoch ebenso wenig umgesetzt wie die Forderungen, die Schrift- bzw. Textformkündigung ausschließlich Erwerbern vorzubehalten.

Übergangsvorschriften

Das Textformerfordernis löst das Schriftformerfordernis voraussichtlich zum 1. Januar 2025 ab.

Bis zum 1. Januar 2026 bleibt die alte Rechtslage auf Gewerberaummietverträge anwendbar, die vor dem 1. Januar 2025 abgeschlossen wurden. Sofern ein Mietvertrag jedoch geändert wird, ist die neue Gesetzeslage auf den gesamten Mietvertrag anzuwenden.

Da auf Bestandsmietverträge die alte Rechtslage für einen einjährigen Übergangszeitraum anwendbar bleibt, sollten Mietverträge bis zum 1. Januar 2025 weiterhin schriftformkonform abgeschlossen werden.

Anne Wiesner, Senior Associate, Rechtsanwältin

Zukünftige Folgen für Gewerberaummietverhältnisse: Ist die Textformkündigung die neue Schriftformkündigung?

Ein Gewerberaummietvertrag kann ab 2025 durch Speicherung auf einem USB-Stick oder Speicherung von E-Mail-Korrespondenz geschlossen werden. Die in der Praxis häufig diskutierte Frage nach Abschluss eines Mietvertrages mittels elektronischer Signatur dürfte somit ein Ende finden.

Die Dokumentation vertragswesentlicher Inhalte, die in der Praxis im Rahmen von Due Diligences eingehend geprüft wird, erübrigt sich durch den Gesetzesentwurf jedoch nicht. Mietvertragsparteien dürften in Zukunft zwar nicht mehr die Schriftformkündigung fürchten. Stattdessen werden sich Ankaufsprüfungen voraussichtlich vor allem mit Textformmängeln beschäftigen. Eine sorgfältige Dokumentation aller mietvertraglicher Regelungen bleibt also essenziell wichtig.

Gestaltung von Mietverträgen in der Übergangsphase

Da auf Bestandsmietverträge die alte Rechtslage für einen einjährigen Übergangszeitraum anwendbar bleibt, sollten Mietverträge bis zum 1. Januar 2025 weiterhin schriftformkonform abgeschlossen werden.

Es bietet sich darüber hinaus an, Klauseln, die sich auf die Einhaltung der Schriftform beziehen, sprachlich offen zu gestalten, sodass sie nicht nur die Einhaltung der Schriftform durch beide Parteien, sondern auch das Einhalten der Textform abdecken.

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Informationen zum Umgang mit dem Grundsteuerbescheid

  • Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG auch ohne Beauftragung für Mieter und Eigentümer

  • Bauabzugsteuer – ein umfassender Leitfaden

  • Neuerungen in Hinblick auf die ertragsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen