Testamentsvollstreckung bei Kommanditanteilen
Dauertestamentsvollstreckung auch bei Vererbung an einen Mitgesellschafter möglich
Dauertestamentsvollstreckung auch bei Vererbung an einen Mitgesellschafter möglich
Gesellschaftsrecht und Erbrecht haben große Berührungspunkte. Für die Gesellschafter eines Unternehmens ist die Nachfolgegestaltung von essenzieller Bedeutung: Was passiert mit dem Gesellschaftsanteil, wenn ein Gesellschafter verstirbt?
Die Gesellschafter eines Unternehmens haben verschiedene Möglichkeiten, die Nachfolge zu regeln. Üblicherweise werden hierzu Nachfolgeklauseln in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen. Parallel dazu können Gesellschafter die Nachfolge erbrechtlich, z.B. mittels Testaments oder Erbvertrag, bestimmen. Nicht selten greifen Gesellschafter auch auf die Anordnung einer Testamentsvollstreckung über den Gesellschaftsanteil zurück. Dabei wird die Verwaltung der Gesellschafterstellung einer anderen Person als dem Erben übertragen, dem Testamentsvollstrecker.
Dass die Anordnung der Testamentsvollstreckung über einen Kommanditanteil bei einer GmbH & Co. KG zulässig ist, hat der BGH bereits vor einiger Zeit entschieden. Der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft kann einen Testamentsvollstrecker mit der Verwaltung des Kommanditanteils beauftragen. Die Ausübung der Gesellschaftsrechte steht dann während der Dauer der Testamentsvollstreckung dem Testamentsvollstrecker zu. Hierzu gehört z.B. die Ausübung des Informations- und Stimmrechts des Kommanditisten. Voraussetzung dafür ist, dass die Anordnung der Testamentsvollstreckung im Gesellschaftsvertrag zugelassen worden ist. Alternativ können die Gesellschafter der Anordnung der Testamentsvollstreckung ad hoc zustimmen.
Umstritten war lange Zeit, ob die Testamentsvollstreckung auch zulässig ist, wenn der Erbe im Zeitpunkt des Erbfalls bereits Mitgesellschafter war. Dieser Fall tritt in der Praxis z.B. auf, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge kleinere Anteile übertragen und für den Fall seines Todes Testamentsvollstreckung über seinen von ihm noch gehaltenen Gesellschaftsanteil angeordnet hat. Dazu hat der 2. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 12. März 2024 (Az. II ZB 4/23) nun entschieden.
Ein im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergangener Kommanditanteil unterliegt auch dann der Dauertestamentsvollstreckung, wenn der Erbe bereits Gesellschafter ist.
Eine Dauertestamentsvollstreckung ist also auch dann zulässig, wenn der Erbe bereits Mitgesellschafter der GmbH & Co. KG ist.
Bedenken bestanden hiergegen wegen des für Personengesellschaften geltenden Grundsatzes der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft. Danach kann ein Gesellschafter nicht mehrere Anteile halten, für jeden Gesellschafter besteht nur eine einheitliche Mitgliedschaft. Erwirbt ein Gesellschafter einen weiteren Anteil hinzu, so entsteht ein neuer, einheitlicher Anteil aus beiden.
Der BGH hat nun entschieden, dass sich der bereits zuvor gehaltene Gesellschaftsanteil des Erben und der vererbte Gesellschaftsanteil, für den die Dauertestamentsvollstreckung angeordnet wurde, aufgrund der materiell rechtlichen Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht (uneingeschränkt) vereinigen. Der vererbte Gesellschaftsanteil ist sog. abspaltbares Sondervermögen, das – im Gegensatz zu dem bereits zuvor gehaltenen Gesellschaftsanteil – der Dauertestamentsvollstreckung und damit der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft liegt darin nicht.
Auch wenn die Frage offenbleibt, in welchem Umfang überhaupt eine Vereinigung der beiden Gesellschaftsanteile stattfindet – der BGH spricht in seinem Beschluss von einer „nicht uneingeschränkten Vereinigung“, während die Literatur teilweise eine strikte Trennung annimmt –, so sorgt der Beschluss jedenfalls insoweit für Klarheit, als dass die Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung bei der Vererbung an Mitgesellschafter zulässig ist. Auf die von der Literatur entwickelte Ersatzkonstruktion muss nun nicht mehr zurückgegriffen werden.
Trotz der rechtlichen Zulässigkeit sollte jedoch stets im Einzelfall abgewogen werden, ob die Anordnung einer Testamentsvollstreckung in diesen Fällen unter Berücksichtigung der Interessen der Gesellschafter sinnvoll erscheint. So kann sich dies insbesondere bei minderjährigen Erben anbieten. In vielen anderen Fällen mag es anders aussehen, gerade wenn der Erbe schon längere Zeit Gesellschafter ist.
Dazu passende Artikel