Verpflichtende „No-Russia-Klausel“ für Verträge mit Geschäftspartnern in Drittländern

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Seit dem 20. März 2024 sind erhöhte Anforderungen an eine wirksame Exportkontroll-Compliance bei der Vertragsgestaltung von Exportgeschäften mit Geschäftspartnern in Drittländern zu stellen. Zur Bekämpfung von Exportkontroll-Umgehungen wurde mit dem 12. Sanktionspaket der EU vom 18. Dezember 2023 erstmalig die sogenannte „No-Russia-Klausel“ eingeführt. Diese betrifft sogar Unternehmen, die bisher von Regelungen zu Russlandsanktionen unberührt geblieben sind. Gleichzeitig kann die Klausel als Leitfaden für Unternehmen dienen, die vorausschauend oder aus eigenem Interesse an einer Beteiligung an den Russlandsanktionen interessiert sind und diese vertraglich implementieren wollen. Folgendes gilt es dabei zu beachten:

Welche Verpflichtungen treffen Unternehmen?

Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 verpflichtet Unternehmen, in ihre Verträge über

  • den Verkauf,
  • die Lieferung,
  • die Verbringung oder
  • Ausfuhr

von Gütern oder Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland untersagt.

Zusätzlich sieht Art. 12g Abs. 4 Unterrichtungspflichten der Unternehmen gegenüber den zuständigen nationalen Behörden (in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, BAFA) im Falle der Kenntniserlangung eines Verstoßes des Geschäftspartners im Drittland vor. Darüber hinaus ist ein Austausch zwischen den Behörden der Mitgliedsstaaten untereinander sowie der Behörden und der Kommission vorgesehen.

Zur Einhaltung der „No-Russia-Klausel“ ist die zusätzliche vertragliche Vereinbarung angemessener Abhilfemaßnahmen für den Fall eines Verstoßes des Geschäftspartners aus dem Drittland gegen die Klausel verpflichtend. Angemessene Abhilfemaßnahmen sollen zur Abschreckung dienen und können z. B. eine Androhung einer Vertragskündigung oder eine angemessene Vertragsstrafe zum Gegenstand haben. Insofern wird eine gewisse Qualität der Abhilfemaßnahmen gefordert; eine beispielhafte Formulierung stellt die EU-Kommission bereit (s.u.).

Anwendungsbereich

Folgende Waren und Technologien sind von der neuen Regelung betroffen:

  1. Güter der Anhänge XI (Luft- und Raumfahrtindustrie), XX (Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive), XXXV (Rohöl und Erdölerzeugnisse) der VO (EU) 833/2014
  2. Gemeinsame Güter mit hoher Priorität gemäß der Anhang XL der VO (EU) 833/2014
  3. Güter des Anhangs I (Feuerwaffen und Munition) der VO (EU) 258/201.

Von der Regelung ausgeschlossen sind Verträge mit Geschäftspartnern aus einem der in Anhang VIII der VO (EU) 833/2014 aufgeführten Partnerländer:

  • USA
  • Japan
  • Vereinigtes Königreich
  • Südkorea
  • Australien
  • Kanada
  • Neuseeland
  • Norwegen
  • Schweiz

Zeitlicher Geltungsbereich

Für Verträge, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden, gilt ein einjähriger Übergangszeitraum bis einschließlich zum 19. Dezember 2024. Sofern innerhalb dieser Übergangszeit der Vertrag erlischt oder die Leistung erbracht wird, ist der Vertrag von der Verpflichtung zur Aufnahme einer „No-Russia-Klausel“ ausgeschlossen. Eine nachträgliche Verlängerung oder Wiederaufnahme des Vertrages über diesen Zeitraum hinaus ohne Einbeziehung der Klausel  ist ausgeschlossen, um Umgehungen zu verhindern.

Sämtliche Verträge, die seit dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden oder zukünftig werden, müssen eine entsprechende „No-Russia-Klausel“, im Zweifel nachträglich vereinbart, enthalten.

Die Vereinbarung einer „No-Russia-Klausel“ muss spätestens zum Zeitpunkt der Ausfuhr, des Verkaufs, der Lieferung oder der Weitergabe der betreffenden Güter ins Drittland nachweisbar sein.

Mögliche Folgen einer Missachtung restriktiver Maßnahmen der EU

Verstöße gegen restriktive Maßnahmen der EU stellen eine zumindest Ordnungswidrigkeit, zum Teil sogar einen Straftatbestand dar. Der entsprechende Sanktionsumfang richtet sich nach § 82 AWV bzw. §§ 18, 19 AWG. Eine funktionierende und vorausschauende Exportkontroll-Compliance ist daher für Unternehmen im Rahmen von Exportgeschäften unumgänglich.

 

Gemeinsam verfasst mit Gode Hähne, Werkstudentin.

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