Das Wichtigste auf einen Blick
- Die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) schafft Rechtssicherheit für bisher unregulierte Token-Emission und Kryptodienstleistungen.
- Viele Politiker bewerten MiCAR als europäisches Vorbild für andere Jurisdiktionen.
- Bei näherer Betrachtung zeichnet sich ein differenziertes Bild.
Die Welt der Kryptowährungen und digitalen Vermögenswerte wächst weiterhin rasant. Bis vor nicht allzulanger Zeit noch als unseriöses Teufelszeug für organisierte Kriminelle und Technik-Spinner abgetan, haben sich digitale Assets im Jahr 2024 fest in der Finanzwelt etabliert. Die Zulassung eines – extrem nachgefragten – Bitcoin-ETFs in den USA, Diskussionen über nationale Bitcoin-Reserven sowie neue Höchststände bei Bitcoin und anderen Kryptwährungen und – assets haben digitale Finanzinstrumente stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. 2024 führte kein Weg an Bitcoin vorbei – die Kursentwicklung bliebt trotz der positiven Börsenentwicklung ungeschlagen.
MiCAR: einheitlicher Rahmen für Europa
Mit der Einführung der Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) hat die EU einen wichtigen Schritt unternommen, um die Bedeutung von Kryptowerten und den Bedarf an klaren Regeln anzuerkennen. Seit dem 30. Dezember 2024 gilt die letzte Stufe der Verordnung, die eine einheitliche Regulierung für die Emission und den Handel von Kryptowerten in der EU schafft. Hauptziele der Verordnung sind: Innovation fördern, Risiken minimieren und Geldwäsche bekämpfen.
Einheitliche Klassifizierung von Kryptowerten
Vor MiCAR existierte keine einheitliche Taxonomie für Kryptowerte. Nun gelten EU-weit einheitliche Grundsätze und Bezeichnungen für folgende Tokenarten:
- E-Geld-Token (EMT): Kryptowerte, deren Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden soll. Ein bekanntes Beispiel für einen EMT ist der US-Dollar referenzierte Token USDC.
- Vermögenswertreferenzierte Token (ART): Token, deren Wertstabilität auf anderen Werten oder Rechten basiert. Ein Beispiel für ART wäre die seinerzeit groß angekündigte „Facebook“-Währung Libra, die seinerzeit den EU-Gesetzgeber auf den Plan rief.
- Sonstige Token: Dazu gehören Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum, die weder EMT noch ART sind.
Nicht unter die MiCAR fallen Wertpapier-Token, die bereits unter die MiFID fallen, und sog. Non-fungible Tokens (NFTs), die aktuell, wenn überhaupt, nur in nationalen Regulierungen eine Regelung erfahren.
Für jede Kategorie gelten wegen der aufsichtsrechtlich unterschiedlichen Relevanz andere rechtliche Vorgaben. Die Bestimmungen für EMT und ART gelten bereits seit dem 30. Juni 2024, die Vorschriften für sonstige Token (Titel II) sind am 30. Dezember 2024 in Kraft getreten.
Die MiCAR schafft Rechtssicherheit für Kryptoemissionen und - dienstleistungen. Ob sie ein Wettbewerbsvorteil für Europa ist, ist noch offen.
Regulierung von EMT und ART
EMT und ART sind als dezentral gesteuerte Zahlungsmittel den Notenbanksystemen und ihrer Geldmengenkontrolle im Wesentlichen entzogen und wurden deswegen als unmittelbare regulierungsbedürftig betrachtet.
EMT dürfen nur von E-Geld-Instituten und CRR-Kreditinstituten ausgegeben werden. ART-Emittenten müssen von der nationalen Aufsichtsbehörde zugelassen sein und ihren Unternehmenssitz in der EU haben. Für Kreditinstitute reichen Notifizierungen der Geschäftsaufnahme.
Für EMT- und ART-Emittenten gilt die Pflicht zur Erstellung eines Whitepapers. Hierbei handelt es sich um ein Dokument mit wesentlichen Informationen über den Emittenten, das Projekt und den auszugebenden Token. Das Whitepaper muss vor dem öffentlichen Angebot des jeweiligen Tokens von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Die Emittenten haften (auch persönlich) für fehlende oder falsche Informationen im Whitepaper – eine korrekte ordnungsgemäßen Erstellung ist daher unerlässlich.
Regulierung von sonstigen Token
Für „sonstige Token“ sind die regulatorischen Anforderungen niedriger. Ihre Ausgabe erfordert keine Erlaubnis: Ein White Paper muss bei der BaFin zwar eingereicht, aber nicht genehmigt werden. Diese geringere Regulierung soll die Finanzierung von Projekten erleichtern, die keine systemischen Risiken für den Finanzmarkt darstellen.
Kryptodienstleistungen unter MiCAR
Die MiCAR schafft zusätzlich klare Vorgaben für Kryptodienstleistungen. In Anlehnung an die wertpapierrechtlichen (MiFID-) Vorgaben sind zahlreiche Dienstleistungen – von der Verwahrung bis zum Handel – nun erlaubnispflichtig. Darüber werden die laufenden Pflichten von Krypotdienstleistern im Einzelnen bestimmt.
Lob und Tadel für MiCAR: Ein Vorbild mit Einschränkungen
Die MiCAR wird von vielen Politikern als Vorbild für andere Jurisdiktionen betrachtet. Selbst die Vereinigten Staaten, die unter der Biden-Regierung eine restriktive Krypto-Regulierung vorangetrieben haben, scheinen im Wettbewerb der regulatorischen Entwicklung an Boden verloren zu haben.
Bei genauer Betrachtung ergibt sich jedoch ein differenziertes Bild: Eine angemessene Regulierung ist für institutionelle Investoren in der Regel zwar die Voraussetzung für den Einstieg ins Geschäft. Aber eben nicht allein: Der massive Technologie-Sektor in den Vereinigten Staaten hat dezentrale Technologien auch in schwierigen Zeiten vorangetrieben. Die SEC-Genehmigung für den ersten Bitcoin-ETF gilt als bahnbrechend für die breite Akzeptanz von Bitcoin. Im Nahen Osten entwickelt sich die Kryptobranche ebenfalls dynamisch bei bewusst zurückhaltender Regulatorik. Währenddessen enthält MiCAR einige Regelungen, die Unternehmen vor einem Engagement in Europa zurückschrecken lässt. Welcher Weg sich am Ende durchsetzt, steht noch nicht fest. Sicher ist jedoch, dass die EU mit MiCAR ein deutliches Signal gesetzt hat: Die Kryptobranche ist hier willkommen – allerdings unter klar definierten Bedingungen.
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