Bereits am 29. Juni 2023 ist die EU-Entwaldungsverordnung (sog. European Regulation, kurz EUDR) in Kraft getreten, die im Kern mit Wirkung zum 30. Dezember 2024 ein Handelsverbot für bestimmte Plantageerzeugnisse und umfassende Sorgfaltspflichten begründet. Für die direkt wirkende Verordnung ist keine Umsetzung ins nationale Recht der EU-Mitgliedstaaten erforderlich.
Was ist die EUDR?
Die Verordnung verbietet die Bereitstellung sowie Ein- und Ausfuhr bestimmter Rohstoffe und deren Erzeugnisse, sofern diese insbesondere nicht „entwaldungsfrei“ sind. Um „entwaldungsfrei“ zu sein, müssen die Rohstoffe und deren Erzeugnisse auf solchen Flächen erzeugt worden sein, auf denen seit dem 31. Dezember 2020 keine Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftlich genutzte Flächen erfolgt ist.
Darüber hinaus legt die Verordnung, ähnlich wie das LkSG und die kürzlich verabschiedete EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive), den betroffenen Unternehmen weitreichende Sorgfaltspflichten auf.
In den Anwendungsbereich der Verordnung fallen die sogenannte relevanten Rohstoffe wie etwa
- Ölpalme
- Soja,
- Holz,
- Kakao,
- Kaffee,
- Rinder oder
- Kautschuk.
Darüber hinaus sind die in Anhang I der Verordnung näher bezeichneten Erzeugnisse erfasst, wenn sie relevante Rohstoffe
- enthalten,
- unter ihrer Verwendung hergestellt oder
- mit diesen gefüttert worden sind.
Wen betrifft die EU-Entwaldungsverordnung?
Die EU-Entwaldungsverordnung gilt für alle Marktteilnehmer und Händler, d.h. alle Unternehmen, die relevante Rohstoffe und Erzeugnisse innerhalb des Unionsmarktes in den Verkehr bringen, bereitstellen oder aus dem Unionsmarkt ausführen. Ähnlich wie das deutsche LkSG erfasst die EU-Entwaldungsverordnung die gesamte Lieferkette.
Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen gemäß der Bilanzrichtlinie (KMU-Marktteilnehmer) sowie KMU-Händler werden ebenfalls von der EU-Entwaldungsverordnung erfasst. Für sie gelten Erleichterungen im Hinblick auf die zu erfüllenden Sorgfaltspflichten.
Unter welchen Voraussetzungen ist die Ein- und Ausfuhr relevanter Rohstoffe und Erzeugnisse gestattet?
Die Ein- und Ausfuhr relevanter Rohstoffe und Erzeugnisse ist ab dem 30. Dezember 2024 nur noch dann zulässig, wenn folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind:
Die relevanten Erzeugnisse sind „entwaldungsfrei“
Dies ist erfüllt, wenn die für die Herstellung relevanten Rohstoffe auf Flächen erzeugt wurden, die nicht nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden, d.h. auf denen keine Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftlich genutzte Flächen erfolgt ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Entwaldung vom Menschen herbeigeführt worden ist oder nicht. Relevante Erzeugnisse, die Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden, dürfen nicht nach dem 31. Dezember 2020 von Waldschädigungen betroffen gewesen sein.
Die einschlägigen Rechtsvorschriften des Produktionslandes wurden gewahrt
Darunter fallen neben umwelt- und naturschutzrechtlichen Vorschriften auch Menschen- und Arbeitnehmerrechte, Vorschriften zum Schutz indigener Völker sowie Steuer-, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollvorschriften.
Eine Sorgfaltserklärung liegt vor
Die Sorgfaltserklärung bestätigt die Einhaltung der zu beachtenden Sorgfaltspflichten. Die Sorgfaltserklärung muss dabei inhaltlich den in Anhang II der Verordnung aufgeführten Anforderungen entsprechen und wird künftig über ein von der EU-Kommission zu errichtendes Informationssystem zu übermitteln sein.
Sorgfaltspflichten für Marktteilnehmer gemäß EU-Entwaldungsverordnung
Die EU-Entwaldungsverordnung verpflichtet die Marktteilnehmer, ähnlich wie das LkSG, zur Erfüllung einer Reihe von Sorgfaltspflichten:
1. Bereitstellung von Informationen und Nachweisen
- Sammeln und Bereitstellen von Informationen, Daten und Unterlagen zu den eingeführten Rohstoffen oder Erzeugnissen.
- Nachweis der Entwaldungsfreiheit und Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften des Ursprungslandes (Informationsanforderungen).
2. Durchführung einer Risikoanalyse
- Umfassende Bewertung der gesammelten Informationen.
- Bei Bedarf Entwicklung und Implementierung angemessener Strategien und Kontrollen zur Risikominderung (Risikominderungsmaßnahmen).
3. Etablierung interner Prozesse
Festlegung und Dokumentation der internen Prozesse zur Sicherstellung der Verordnungskonformität in einer Sorgfaltspflichtregelung.
4. Abgabe einer Sorgfaltserklärung
Wenn sichergestellt ist, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Entwaldungsrisiko besteht, Abgabe einer entsprechenden Sorgfaltserklärung.
5. Informationsweitergabe in der Lieferkette
Bereitstellung aller notwendigen Informationen an andere Marktteilnehmer und Händler in der nachgelagerten Lieferkette zur Nachweisführung der Verordnungskonformität.
Wozu dient die Risikoeinstufung der Länder?
Anhand eines dreistufigen Bewertungssystems der EU-Kommission (sog. Benchmarking-System) soll künftig das Risiko eines Verstoßes gegen die EU-Entwaldungsverordnung im jeweiligen Erzeugerland ermittelt werden können.
Für Länder mit einem „geringen Risiko“ muss eine Risikobewertung nur in begrenztem Umfang durchgeführt werden. Die Pflicht zur Risikominderung entfällt in diesem Fall ersatzlos.
Für Länder mit hohen Entwaldungsrisiken sind hingegen strengere Risikoanalysen durchzuführen.
Diese Risikoeinschätzung nimmt maßgeblich Einfluss auf den Umfang der Sorgfaltspflichten. Die EU-Kommission will das Benchmarking-System spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten veröffentlichen, d.h. spätestens am 29. Dezember 2024. Vorerst gilt für alle Länder die Standardrisikostufe (sog. „normales Risiko“).
Welche Erleichterungen sieht die Verordnung für KMU-Marktteilnehmer und KMU-Händler vor?
Die EU-Entwaldungsverordnung entbindet KMU-Marktteilnehmer und KMU-Händler in bestimmten Fällen von den vorgelagerten Sorgfaltspflichten, sofern für die in Rede stehenden Erzeugnisse eine Sorgfaltspflichterklärung erstellt wurde. In diesen Fällen haben KMU-Marktteilnehmer und KMU-Händler Informations- und Meldepflichten zu erfüllen.
Wer setzt die EU-Vorschriften durch?
Für die Durchsetzung und Kontrolle der EU-Entwaldungsverordnung wird in Deutschland künftig die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zuständig sein. Über ein digitales Informationssystem erfolgt ein Austausch mit den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten. Die Kontrolldichte hängt künftig maßgeblich von der Risikobewertung der Länder auf Grundlage des noch einzuführenden Benchmarking-Systems ab.
Welche Kontrollen und Sanktionen kommen auf die betroffenen Unternehmen zu?
Im Falle eines Verstoßes gegen die EU-Entwaldungsverordnung drohen dem Unternehmen Geldbußen bis zu einem Betrag von 4 % des jährlichen unionsweiten Gesamtumsatzes. Darüber hinaus kann dem Unternehmen vorläufig die Verkehrsfähigkeit des unter Verstoß hergestellten Produkts abgesprochen werden. Möglich ist auch der vorübergehende Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung. Bei Verstößen gegen die Entwaldungsverordnung werden die rechtskräftigen Urteile von der EU-Kommission auf ihrer Website unter Namensnennung veröffentlicht.
Wie geht es nun weiter?
Mit dem grundsätzlichen Verbot der Ein- und Ausfuhr relevanter Rohstoffe und Erzeugnisse verfolgt die EU-Entwaldungsverordnung einen erheblich weitergehenden Regelungsansatz als das deutsche LkSG. Die Reichweite des Anwendungsbereichs und der Umfang der auferlegten Sorgfaltspflichten sind erheblich und konkret davon abhängig, in welcher Rolle das jeweilige Unternehmen auf dem Unionsmarkt agiert.
Die neue Verordnung ist grundsätzlich für Unternehmen, die laut der Bilanzrichtlinie keine kleinen oder Kleinstunternehmen sind, ab dem 30. Dezember 2024 anzuwenden. Für kleine und Kleinstunternehmen gilt sie erst ab dem 30. Juni 2025 mit Ausnahme von Erzeugnissen, die schon jetzt unter die EU-Holzhandelsverordnung fallen. Letztere gilt übergangsweise fort.
Angesichts der umfangreichen Rückschau bis zum 31. Dezember 2020 müssen betroffene Unternehmen bereits jetzt aktiv werden, um einen verordnungskonformen Übergang zu gewährleisten.
Falls Sie Fragen rund um die Umsetzung haben, kommen Sie gern auf uns zu.
Zusammen verfasst mit Tatjana Merk
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