Die Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance oder kurz ESG) spielen bei Investitionsentscheidungen eine immer größere Rolle.
Nicht nur große Investorengruppen, sondern auch vermehrt Konzerne, mittelständische Beteiligungsunternehmen und Family Offices berücksichtigen bei ihren Investitionsentscheidungen zunehmend ESG-Kriterien.
Typische Ziele sind hierbei,
- nur als besonders nachhaltig oder sozial ausgewogen angesehene Unternehmen zu erwerben
- oder auch den eigenen CO2-Fußabdruck durch den Erwerb eines Startups zu verringern.
Dass größere Unternehmungen zunehmend verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Jahresabschlüsse auch über ihre eigene ESG-Performance zu berichten, verstärkt diesen Trend noch.
ESG Due Diligence als transaktionsbegleitende Risikoanalyse
Um die Qualität und Nachhaltigkeit der ESG-Performance einer Unternehmung festzustellen, genügt ein Blick in den Jahresabschluss aktuell jedoch nicht. Dies gelingt nur durch die konsequente Einbettung der Prüfung von ESG-Themen bereits im Prozess der Due Diligence als Vorbereitung für den Erwerb eines Unternehmens oder einer Beteiligung daran. Dabei werden im Rahmen einer ESG Due Diligence als transaktionsbegleitende Risikoanalyse die die nachhaltigkeitsbezogenen Risiken sowie mögliche bußgeldbewehrte Verstöße oder Reputationsrisiken – etwa durch Greenwashing – eingehend durch Teams aus ESG-Expertinnen und -experten und Rechtsanwältinnen und -anwälten beleuchtet.
Die Ergebnisse einer solchen ESG Due Diligence können sowohl das Zustandekommen als auch die Modalitäten einer Transaktion im Hinblick auf
- den Kaufpreis,
- dessen Finanzierung
- sowie die Vertragsgestaltung
im Übrigen maßgeblich beeinflussen. Klar ist, dass auch der Umfang einer ESG Due Diligence sich am Einzelfall orientiert und branchen- sowie unternehmensspezifische Besonderheiten berücksichtigen sollte.
ESG Due Diligence aus Verkäufersicht
Auch aus Verkäufersicht kann die Durchführung einer ESG Due Diligence nicht nur als Vorbereitung auf einen Verkauf dienen. Sie bietet die Möglichkeit, das eigene Unternehmen mit Blick auf ausgewählte ESG-Kriterien zu optimieren und ein hohes Maß an Compliance mit verpflichtenden ESG-Vorgaben zu sichern. Dadurch können frühzeitig Haftungsrisiken minimiert und langfristig eine Wertsteigerung des Unternehmens erzielt werden. Insbesondere kann durch ein frühzeitiges Benchmarking relevanter ESG-Kriterien und durch die darauf abgestimmten Verbesserungsmaßnahmen der eigenen ESG-Performance häufig ein höherer Kaufpreis erzielt werden.
Umgang mit ESG-Faktoren in der Due Diligence Prüfung
Grundlage jeder ESG Due Diligence, sowohl aus Käufer- als auch Verkäufersicht, ist die Bestandsaufnahme und Qualitätsprüfung der ESG-relevanten Unterlagen eines Unternehmens. Diese geben Auskunft darüber, wie ein Unternehmen ESG-Themen behandelt und dokumentiert und inwieweit es den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird.
Orientierung bei der Auswahl und Erhebung der Daten geben die europäischen ESG-Rahmenwerke wie die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die bereits 2022 vom EU-Parlament verabschiedete Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive oder kurz CSRD), die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die EU-Taxonomie-Verordnung, die jüngst verabschiedete EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive oder kurz CSDDD) sowie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).
Letzteres stellt die Unternehmen bereits seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2023 vor erhebliche Umsetzungs- und Anwendungsschwierigkeiten.
Das LkSG in der ESG Due Diligence
Das LkSG verpflichtet betroffene Unternehmen nicht nur im eigenen Geschäftsbereich, sondern auch für bestimmte Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferkette einzustehen.
Seiner Konzeption nach enthält das LkSG einige neue Rechtsbegriffe, die oftmals nicht näher definiert sind. Dies führt in der Praxis dazu, dass viele Unternehmen nicht wissen, ob ihr Unternehmen überhaupt dem Anwendungsbereich des LkSG unterfällt. Konkretisierungen, wie sie etwa durch die veröffentlichten Handreichungen der zuständigen Aufsichtsbehörde (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder kurz BAFA) erfolgt sind, sind oftmals sehr allgemein und im Übrigen nicht rechtsverbindlich.
Die Sicherstellung der Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette stellt in der Praxis daher ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. Zur Erfüllung dieser Pflicht implementieren Unternehmen daher zunehmend sog. Compliance-Klauseln bzw. eines Code of Conduct in ihre Verträge mit Lieferanten. Dabei gehen Unternehmen oftmals auch über den Pflichtenkatalog des LkSG hinaus und versuchen so ihre eigenen Pflichten auf die Zulieferer abzuwälzen.
Risikominimierung durch ESG-konforme Vertragsausgestaltung
Sofern sich aus der ESG Due Diligence einzelne Risikofelder und Haftungsrisiken ergeben, kann dem im Rahmen einer Transaktion mit entsprechenden Garantien und Freistellungsregelungen begegnet werden. Alternativ lassen sich ESG-Risiken und die daraus resultierenden finanziellen Risiken auch über Anpassungen der wirtschaftlichen Eckdaten einer Transaktion „einpreisen“. Im Rahmen von nachlaufenden Vertragspflichten (sog. Post-Closing-Covenants) sollte zudem sichergestellt werden, dass die während einer ESG Due Diligence erkannten Lücken in der ESG-Compliance geschlossen werden und das Unternehmen die Ausstattung in sachlicher und personeller Hinsicht erhält, die notwendig ist, um den gewünschten Standard an ESG-Kriterien auch langfristig sicherzustellen.
Ausblick: ESG Due Diligence wird im M&A an Bedeutung gewinnen
Die ESG Due Diligence wird auf Verkäufer- und auch auf Käuferseite zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die derzeit geplanten europäischen Gesetzesinitiativen zeigen bereits, dass künftig mit einer erheblichen Ausweitung der Pflichten und Sanktionen im Bereich ESG zu rechnen ist. Der (zukünftige) Wert eines Unternehmens oder eines Investments wird immer stärker auch von seiner Konformität mit ESG-Kriterien abhängen. Die Durchführung einer ESG Due Diligence ist daher nicht nur oft notwendig, sondern auch wertvoll, um Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen frühzeitig zu erkennen und diese Erkenntnisse im Rahmen einer Transaktion angemessen zu würdigen. Insbesondere können dadurch Strafen und Bußgelder sowie überraschende Kosten für die nachträgliche Erlangung der vorgeschriebenen oder gewünschten ESG-Standards vermieden werden.
Unsere multidisziplinäre Kanzlei ist im Bereich ESG breit aufgestellt und unterstützt Sie neben der allgemeinen ESG-Beratung insbesondere auch bei allen ESG-relevanten Themen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen. Sprechen Sie uns gern an.
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