Neues zur Verrechnungspreis­dokumentation

Erleichterungen in der Dokumentationspraxis

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Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der Bundestag und der Bundesrat haben das Bürokratieentlastungsgesetz IV verabschiedet. Damit sind ab 1. Januar 2025 u. a. Änderungen der Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten der Verrechnungspreisdokumentation verbunden.
  • Die Aufzeichnungspflicht umfasst in Zukunft eine sogenannte Transaktionsmatrix.
  • Landesspezifische, unternehmensbezogene Dokumentationen (Local Files) müssen nun doch erst auf Anfrage vorgelegt werden. Es gilt dann aber eine 30-Tage-Frist.
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Am 26. September 2024 hat der Bundestag das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) verabschiedet. Aus Verrechnungspreissicht relevant sind dabei insbesondere die vorgesehenen Anpassungen des § 90 Abs. 3 und 4 AO sowie des § 162 Abs. 4 AO.

Das Gesetz verfolgt das Ziel, bürokratische Abläufe zu vereinfachen und Unternehmen sowie Verwaltung zu entlasten, insbesondere durch Anpassungen bei den Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten im Rahmen von Verrechnungspreisdokumentationen. In Hinblick auf die Vorlagepflichten bedeutet dies eine teilweise Rücknahme vorheriger gesetzlicher Verschärfungen.

Aktuelle Rechtslage: Vorlage der Dokumentation nach 60 bzw. 30 Tagen auf Anfrage

Nach bislang geltender Rechtslage müssen Unternehmen für Betriebsprüfungen, die bis zum 31. Dezember 2024 beginnen, eine landesspezifische, unternehmensbezogene Dokumentation (sog. Local File) sowie ggf. eine Stammdokumentation (sog. „Master File“) im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb von 60 Tagen auf Anfrage vorlegen. Die Dokumentation außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle ist hingegen innerhalb von 30 Tagen auf Anfrage bereitzustellen.

Neue Rechtslage: Vorlage des Local Files nach 30 Tagen und unaufgeforderte Vorlage weiterer Unterlagen

Ab dem 1. Januar 2025 hat der Steuerpflichtige nun im Rahmen einer Außenprüfung ein Local File auf Anfrage innerhalb von 30 Tagen vorzulegen. Bereits innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung sind unaufgefordert nur die folgenden Unterlagen bereitzustellen:

  • eine Transaktionsmatrix,
  • das Master File der Gruppe (falls erforderlich) sowie
  • gegebenenfalls die Dokumentation außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle.

Die Finanzbehörden können die zu erstellenden Aufzeichnungen zudem auch außerhalb einer Außenprüfung (etwa im Rahmen eines Vorabverständigungsverfahrens) jederzeit mit 30 Tagen Frist anfordern.

Der Gesetzgeber verspricht Bürokratieabbau bei der Verrechnungspreisdokumentation – der praktische Nutzen könnte jedoch überschaubar ausfallen.

Annette Groschke, Partnerin, Steuerberaterin.

Transaktionsmatrix erweitert die Dokumentationspflichten

Die Pflicht zur Erstellung der Transaktionsmatrix stellt eine Erweiterung der bisherigen Aufzeichnungspflichten dar. Sie tritt ergänzend an die Seite der erforderlichen Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation und soll eine risikoorientierte Prüfung der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen erleichtern. Ihr Zweck ist es, insbesondere der Identifizierung von Prüfungsschwerpunkten zu dienen und damit zu einer beschleunigten Außenprüfung beizutragen.

Eine detaillierte Spezifizierung der Anforderungen an die Transaktionsmatrix wird im Rahmen der Überarbeitung der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) erwartet. Gemäß Gesetzesbegründung zum BEG IV soll die Transaktionsmatrix aber die folgenden Informationen enthalten:

  • Gegenstand und Art der Geschäftsvorfälle,
  • die an den Geschäftsvorfällen Beteiligten unter Kennzeichnung von Leistungsempfänger und Leistungserbringer,
  • Volumina und Entgelte der Geschäftsvorfälle,
  • vertragliche Grundlagen,
  • angewandte Verrechnungspreismethoden,
  • betroffene Steuerhoheitsgebiete und
  • Hinweise auf Abweichungen von der Regelbesteuerung in den betroffenen Hoheitsgebieten.

In Bezug auf die Transaktionsmatrix ist außerdem zu beachten, dass ihre Nichtvorlage mit einem Strafzuschlag zwischen 5 % und 10 % des durch Schätzung ermittelten Mehrbetrags der Einkünfte, mindestens aber EUR 5.000 sanktioniert wird.

Zweifel an der tatsächlichen Entlastung

Die Bemühungen des Gesetzgebers um Vereinfachungen sind zu begrüßen. Da die Erstellung eines alle Transaktionen umfassenden Local Files wegen des Umfangs und Detailgrades der Dokumentationspflichten regelmäßig sehr aufwandsintensiv ist, stellt es grundsätzlich eine Erleichterung dar, dass das Local File nicht mehr – wie ursprünglich vorgesehen – unaufgefordert innerhalb von 30 Tagen nach Erlass der Prüfungsanordnung vorzulegen ist. Auch beschleunigte, risikoorientierte Außenprüfungen können zur Entlastung von Unternehmen grundsätzlich beitragen.    

Allerdings bleibt abzuwarten, ob die erwünschte Erleichterung in der Praxis auch tatsächlich eintreten wird. Da das Local File (und andere Aufzeichnungen) in der Außenprüfung jederzeit mit 30 Tagen Frist angefordert werden können, verbleibt auch weiterhin nur wenig Zeit zur Erstellung bzw. zum Abschluss der entsprechenden Dokumente. Um dem zu begegnen und daraus ggf. resultierende Sanktionen zu vermeiden, werden Unternehmen trotz der Erleichterungen in vielen Fällen dennoch eine vollständige Vorratsdokumentation erstellen müssen. Eine solche – mit großem Aufwand zu erstellende – vollständige Vorratsdokumentation steht aber gerade im Widerspruch zu der eigentlich beabsichtigten risikoorientierten Außenprüfung, zu der die Transaktionsmatrix beitragen soll. 

Vorrausschauende Implementation von Dokumentationsprozessen ratsam

Mit Blick auf die mit der Gesetzesänderung angestrebte Entlastung der Unternehmen wird es viel auf die Umsetzung in der Betriebsprüfungspraxis ankommen. Insbesondere wird sich zeigen müssen, inwieweit die Transaktionsmatrix dazu beitragen wird, dass Betriebsprüfungen tatsächlich risikoorientiert erfolgen und bei der Dokumentation einzelner Geschäftsvorfälle mit Augenmaß vorgegangen werden kann.

In jedem Fall bleibt es ratsam, Dokumentationsprozesse dergestalt zu implementieren, dass die Transaktionsmatrix, das Master File (sofern erforderlich) sowie etwaige Dokumentationen außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle jederzeit innerhalb von 30 Tagen vorgelegt werden können. Für letztere gilt ohnehin weiter die Regelung, dass sie innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres zu erstellen sind, in dem der jeweilige außergewöhnliche Geschäftsvorfall eingetreten ist.

Auch die proaktive Erstellung eines Local Files „auf Vorrat“ muss weiter in Erwägung gezogen werden. Ggf. kann dabei zunächst eine Konzentration auf die nach eigener Einschätzung als maßgeblich klassifizierten Transaktionen erfolgen. In diesem Fall stünde dann nach Anforderung der Dokumentation ggf. mehr Zeit zur Verfügung, sich mit unerwarteten Prüfungsschwerpunkten zu befassen.

Gemeinsam verfasst mit Hoang Quan Vu, Tax Consultant.

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