Erschütterung des Anscheinsbeweises: Zweite Chance bei unlesbaren Fahrtenbüchern für Dienstwagen?

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Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der BFH hat entschieden, dass auch nachträglich überarbeitete Fahrtenbücher zur Widerlegung des Anscheinsbeweises einer privaten Fahrzeugnutzung herangezogen werden können.
  • Die Finanzverwaltung darf solche Fahrtenbücher nicht pauschal ablehnen, sondern muss prüfen, ob die übernommenen Angaben inhaltlich mit den Originalaufzeichnungen übereinstimmen.
  • Unternehmerinnen und Unternehmer sollten ihre Fahrtenbücher sorgfältig und lesbar führen, um spätere Steuernachforderungen zu vermeiden.
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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22. Oktober 2024 (VIII-R-12/21) entschieden, dass auch nachträglich überarbeitete Fahrtenbücher zur Widerlegung des Anscheinsbeweises für eine private Fahrzeugnutzung herangezogen werden können.  

Hintergrund: Wann gilt die 1-%-Regelung? 

Betriebliche Fahrzeuge, die potenziell privat genutzt werden können, unterliegen grundsätzlich der 1-%-Regelung zur Besteuerung der Privatnutzung. Nur ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch kann diesen Anscheinsbeweis erschüttern. Weitere Informationen zur steuerlichen Behandlung von Dienstwagen finden Sie in unserem Beitrag

Der Fall: Luxusfahrzeuge im Betriebsvermögen 

Ein selbstständiger Prüfsachverständiger setzte Leasingkosten für einen BMW und einen Lamborghini als Betriebsausgaben an. Die Finanzverwaltung erkannte sein handschriftliches Fahrtenbuch jedoch nicht an, da es angeblich unlesbar und unvollständig war. Folge: Die Privatnutzung wurde pauschal nach der 1-%-Methode versteuert. 

Nachträglich legte der Steuerpflichtige überarbeitete, lesbare Fassungen seiner Fahrtenbücher vor. Doch sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht lehnten diese ab und unterstellten eine private Nutzung.

Ein Fahrtenbuch darf nicht allein aufgrund formaler Mängel verworfen werden, wenn es inhaltlich plausibel und nachvollziehbar ist.

Sönke Busch, Senior Tax Expert, Steuerberater

BFH: Nachträglich überarbeitete Fahrtenbücher sind nicht grundsätzlich unzulässig 

Der BFH entschied, dass eine generelle Ablehnung nachträglich erstellter Fahrtenbücher rechtsfehlerhaft sei. Das Finanzgericht hätte prüfen müssen, ob die überarbeiteten Fahrtenbücher inhaltlich mit den Originalaufzeichnungen übereinstimmen. Auch hätte es untersuchen müssen, ob vergleichbare Privatfahrzeuge vorhanden waren, die eine private Nutzung der Betriebsfahrzeuge ausschließen könnten. 

Praxistipp: So vermeiden Sie Steuernachzahlungen 

  1. Führen Sie ein lesbares und vollständiges Fahrtenbuch mit allen relevanten Angaben. 
  2. Nachträglich überarbeitete Fahrtenbücher können nicht pauschal abgelehnt werden – sie müssen inhaltlich überprüft werden. 
  3. Bei mehreren Fahrzeugen: Dokumentieren Sie deren Nutzung, um eine private Nutzung des Betriebsfahrzeugs auszuschließen. 

Dieses Urteil bietet Steuerpflichtigen eine zweite Chance, wenn ihr Fahrtenbuch aus formalen Gründen nicht anerkannt wurde. Dennoch bleibt die sorgfältige Führung der beste Schutz vor Steuerfallen. 

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