Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken – BMF-Schreiben bringt Klarheit

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Bei gemischt genutzten Gebäuden, bei denen die Umsätze sowohl zum Vorsteuerabzug berechtigen als auch den Vorsteuerabzug ausschließen, ist die Vorsteuer auf Eingangsleistungen aufzuteilen (§ 15 Abs. 4 UStG).

In der Vergangenheit sind zur anzuwendenden Methode diverse Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und auch des Bundesfinanzhofs (BFH) ergangen, welche nicht immer Rechtssicherheit geschaffen haben. Die Finanzverwaltung hat in vielen Fällen nicht auf die Rechtsprechung reagiert und an ihrer Methode der Aufteilung nach dem Flächenschlüssel festgehalten. Somit kam es immer wieder zu Unsicherheiten und unterschiedlichen Auffassungen gegenüber der Finanzverwaltung.

BMF-Schreiben setzt Rechtsprechung der vergangenen Jahre um

Nunmehr hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in seinem Schreiben vom 20. Oktober 2022 die langjährige Rechtsprechung zu diesem Thema umgesetzt und den Umsatzsteueranwendungserlass entsprechend angepasst.

In seinem ausführlichen BMF-Schreiben erläutert das BMF den Stand der Rechtsprechung im Detail und leitet daraus die möglichen Aufteilungsschlüssel ab. Im Kern bleibt bestehen, dass vorrangig der Flächenschlüssel bei der Aufteilung der Vorsteuern bei gemischt genutzten Grundstücken zu Grunde zu legen ist. Soweit aber ein anderer Aufteilungsmaßstab zu einem präziseren Ergebnis führt, ist dieser Aufteilungsmaßstab anzuwenden (z. B. umbauter Raum, objektbezogener Umsatzschlüssel). In dem BMF-Schreiben werden diese Schlüssel ausführlich beschrieben und auch Beispiele genannt, in denen diese zur Anwendung kommen können.

Wichtig: Wenn neben dem Gesamtumsatzschlüssel mehrere andere wirtschaftlich präzisere Aufteilungsschlüssel in Frage kommen, ist nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden. Die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode obliegt in diesen Fällen dem Unternehmer. Das Finanzamt kann lediglich überprüfen, ob die gewählte Methode sachgerecht ist.

Grundsätze bei der Zuordnung von Eingangsleistungen

Bei Eingangsleistungen für gemischt genutzte Gebäude ist zunächst zwischen den Kosten für die Nutzung, Erhaltung, Unterhaltung und den Kosten für die Anschaffung und Herstellung zu unterscheiden.

  • Anschaffungs- und Herstellungskosten: Eine vorherige direkte Zuordnung von Eingangsleistungen zu Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen bzw. zulassen, ist nicht möglich.
  • Kosten für die Nutzung, Erhaltung, Unterhaltung: Soweit möglich hat zunächst eine direkte Zuordnung zu den einzelnen Gebäudeteilen zu erfolgen. Nur soweit eine direkte Zuordnung nicht möglich ist, hat eine Aufteilung der Vorsteuern zu erfolgen.

Hinweis: Die oben genannten Grundsätze stellen keine Änderung der Verwaltungsmeinung dar.

Aufteilungsmaßstäbe: Vorrangig Flächenschlüssel

Die Finanzverwaltung bleibt bei ihrer Auffassung, dass der Flächenschlüssel der vorrangige Aufteilungsmaßstab ist. Nunmehr lässt das Finanzamt aber auch die Anwendung weiterer Aufteilungsschlüssel zu, wie z. B. der objektbezogene Umsatzschlüssel, den unternehmenseinheitlichen Gesamtumsatzschlüssel oder eine Aufteilung nach dem umbauten Raum.

Flächenschlüssel

Bei der Aufteilung nach dem Flächenschlüssel sind die tatsächlichen Nutzflächen zugrunde zu legen (objektbezogener Flächenschlüssel). Die Berechnung erfolgt nach den Gebäudeinnenflächen. Das BMF-Schreiben nennt hierzu im Detail, welche Flächen dabei zu berücksichtigen, bzw. nicht zu berücksichtigen sind (z. B. kein Ansatz von Außenflächen).

Hinweis: Andere anerkannte Methoden der Flächenberechnung, wie z. B. DIN 277, dürfen angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Methode bereits für andere Zwecke angewendet wird (z.B. bei Mietverträgen), die Methode einheitlich für das gesamte Gebäude angewendet wird und im Ergebnis auch sachgerecht ist.

Umsatzschlüssel

Der Ansatz des objektbezogenen Umsatzschlüssels statt des grundsätzlich anzuwenden Flächenschlüssels ist nur unter den vom BFH aufgestellten Voraussetzungen möglich. Danach muss die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander abweichen.

Erheblich ist demnach ein Unterschied, wenn dieser über die bloße unterschiedliche Nutzung hinaus zu einem deutlich unterschiedlichem Bauaufwand für nur ein Gebäudeteil führt.

Das BMF-Schreiben führt hier Beispiele an, wann ein erheblicher Unterschied vorliegt (z. B. bei luxuriös ausgestatteten Räumen im Vergleich zu schlicht ausgebauten Räumen) bzw. wann dies nicht der Fall ist.

Hinweis: Ausnahmsweise kann eine Aufteilung nach dem unternehmenseinheitlichen Gesamtumsatzschlüssel zur Anwendung kommen, wenn das Gebäude den Umsätzen des gesamten Unternehmens dient, z. B. bei Verwaltungsgebäuden.

Umbauter Raum

Als sachgerechter Vorsteuerschlüssel und gegenüber dem Gesamtumsatzschlüssel präziser kann eine Aufteilung nach dem umbauten Raum in Betracht kommen, wenn bei Gebäudeteilen Unterschiede in der Geschosshöhe bestehen, aber diese ansonsten keine erheblichen Unterschiede in der Ausstattung aufweisen.

Hinweis: Als möglicher weiterer Aufteilungsschlüssel kann für Einzelfälle eine Aufteilung nach Nutzungszeiten in Betracht kommen.

Anwendung der Aufteilungsmaßstäbe auf Zuordnungsgrundsätze zum Unternehmen

Die vorgenannten Grundsätze sind auch bei der Zuordnung eines gemischt genutzten Grundstücks zum Unternehmen anzuwenden.

Anwendungsbereich

Das BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird nicht beanstandet, wenn sich der Unternehmer vor der Veröffentlichung dieses Schreibens zulässigerweise auf die bisherigen Regelungen im Umsatzsteueranwendungserlasses berufen hat.

Rechtssicherheit für die Praxis

Das BMF Schreiben ist für die Praxis sehr zu begrüßen, da es Klarheit und Rechtssicherheit verschafft. Der Unternehmer hat jetzt die Möglichkeit, eine verursachungsgerechte Vorsteueraufteilung leichter durchzusetzen und auch bei mehreren wirtschaftlich präzisen Schlüsseln den für ihn günstigsten Aufteilungsschlüssel in Anspruch zu nehmen.

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