Verzicht oder nicht?

BFH äußert sich zum Widerruf des Verzichts auf Steuerbefreiung bei Grundstückslieferungen

icon arrow down white

Veräußert ein Steuerpflichtiger ein zum Unternehmensvermögen gehörendes Grundstück, ist diese Lieferung grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung kann jedoch zu Wettbewerbsnachteilen für den Unternehmer führen. Um derartige Nachteile zu vermeiden, räumt das Umsatzsteuerrecht dem Verkäufer unter bestimmten Voraussetzungen die Option ein, auf die Steuerbefreiung zu verzichten. So muss u. a. der Verzicht auf die Steuerbefreiung in dem gemäß § 311b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden.

Hat ein Unternehmer erst einmal wirksam zur Steuerpflicht für eine Grundstückslieferung optiert, so gestaltet sich eine spätere Rückgängigmachung dieses Verzichts als schwierig. In der Praxis lehnen die Finanzämter einen späteren Widerruf regelmäßig ab. Denn für eine wirksame Rücknahme des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung verlangt die derzeitige Verwaltungsanweisung, dass dieser ebenfalls in dem der Grundstückslieferung zu Grunde liegenden notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erklärt wird. Damit ist der Widerruf faktisch ausgeschlossen.

Diese Problematik hat der Bundesfinanzhof (BFH) erkannt und mit Beschluss vom 2. Juli 2021, XI R 22/19, gelöst. Danach kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung für Grundstückslieferungen widerrufen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder nach § 164 AO änderbar ist. Vor dem Hintergrund dieses Urteils empfiehlt sich eine Überprüfung, ob ein in der Vergangenheit durch die Finanzverwaltung abgelehnter Widerruf doch noch wirksam ausgeübt werden kann.

Hinweis:
Der Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung ist in der Praxis in Betracht zu ziehen, wenn entgegen der käuferseitigen Annahme die Immobilie nicht wie ursprünglich geplant für steuerpflichtige Ausgangsumsätze, sondern für steuerfreie Umsätze genutzt wird. In solchen Fällen verhindert ein Widerruf die Berichtigung des Vorsteuerabzugs gem. § 15a UStG durch den Käufer. Gleichzeitig sollten Verkäufer ihrerseits prüfen, ob die steuerfreie Veräußerung der Immobilie eine eigene Pflicht zur Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG auslöst.

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Jahressteuergesetz 2024: Erster Entwurf liegt vor

  • Wachstumschancengesetz: Änderungen für gemeinnützige Organisationen

  • Das Wachstumschancengesetz im Überblick

  • Einlagenrückgewähr in Outbound-Konstellationen