Stellen Versorgungsleistungen aus steuerlicher Sicht ein Entgelt dar?

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Mit Urteil vom 29. September 2021 (Az. IX R 11/19) hat der BFH über die steuerliche Behandlung von Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung entschieden. Damit hat der BFH eine für die Nachfolgeberatung sehr wichtige Frage geklärt. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob sog. „Versorgungsleistungen" aus steuerlicher Sicht ein Entgelt darstellen oder nicht.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Vater seiner Tochter ein Mehrfamilienhaus geschenkt, welches vermietet wurde. Als Gegenleistung vereinbarten die Parteien eine lebenslange Rente (wiederkehrende Leistung, sog. Leibrente). Die Tochter wollte diese Rente steuerlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG geltend machen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Lediglich der in den Zahlungen enthaltene Ertragsanteil könne als Werbungskosten geltend gemacht werden. Sowohl Einspruch als auch Klage blieben erfolglos.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied nunmehr, dass Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen (lebenslange wiederkehrende Zahlungen, Leibrente) aus steuerlicher Sicht grundsätzlich entgeltliche / teilentgeltliche Übertragungen sind. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vorliegen. Dies setzt jedoch voraus, dass in der Regelung genanntes begünstigtes Vermögen (Anteile an gewerblichen Personengesellschaften, Betriebe, Teilbetriebe oder bestimmte Anteile an GmbHs) übertragen werden. Dann wird die Vermögensübertragung ausnahmsweise als unentgeltlicher Vorgang behandelt, wobei für die Zahlungen ein Sonderausgabenabzug beim Zahlenden möglich ist und der Begünstigte diese Zahlungen als sonstige Einkünfte besteuern muss.

Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG allerdings nicht erfüllt, weil eine Immobilie des Privatvermögens übertragen wurde. Daher werden die Versorgungsleistungen steuerlich als Entgelt betrachtet.

Für Übertragungen des Privatvermögens kommt dabei die sog. Trennungstheorie zur Anwendung, wonach der Vorgang in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Vorgang aufgespaltet wird (insb. nach §§ 23, 17 EStG). Für den entgeltlichen Teil der Übertragung gilt danach, dass die lebenslangen Leistungen des Übernehmers an den Übertragenden in Höhe ihres Barwerts zu Anschaffungskosten führen. Soweit das übertragene Vermögen zu Einkunftserzielung verwendet wird, sind diese Anschaffungskosten steuerlich mit den Abschreibungen zu berücksichtigen; der in den Zahlungen enthaltene Zinsanteil führt zu sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG. Bei dem Übertragenden (Schenker) stellen diese Zahlungen einen Veräußerungserlös dar. Daher sind die damit verbundenen Steuerfolgen zu beachten. Bei der Übertragung von Privatvermögen kommt eine Besteuerung nur in Betracht, soweit das übertragene Wirtschaftsgut auch steuerlich verhaftet ist. So würde eine Besteuerung z. B. erfolgen, wenn Anteile i. S. d. § 17 EStG übertragen werden, welche nicht zum begünstigten Vermögen i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG gehören, oder Grundstücke des Privatvermögens, wenn die sog. Spekulationsfrist nach § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist. Soweit die Übertragung unentgeltlich erfolgt, setzt der Übernehmer die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers fort (vgl. § 11d EStDV).

Bei Übertragung von Betriebsvermögen (Anteile an Personengesellschaften, Betrieben, Teilbetrieben) findet grundsätzlich die sog. Einheitstheorie Anwendung. Danach erfolgt die Beurteilung, ob die Vermögensübertragung ein entgeltlicher oder unentgeltlicher Vorgang ist, einheitlich. Soweit die Versorgungsleistungen nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllen, gelten sie als Entgelt. Die Vermögensübertragung wird dann als entgeltlicher Vorgang betrachtet, wenn alle Entgelte den Buchwert des übertragenen Vermögens übersteigen, andernfalls als unentgeltlicher Vorgang. Soweit ein entgeltlicher Vorgang vorliegt, bestimmen sich die Steuerfolgen nach § 16 EStG, ansonsten sieht § 6 Abs. 3 EStG eine Buchwertfortführung vor. Soweit die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllt sind, gilt die Versorgungsleistung nicht als Entgelt. Auf Seiten des Zahlenden ist ein Sonderausgabenabzug möglich, der Zahlungsempfänger hat korrespondierend dazu die erhaltenen Zahlungen als sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern.

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