Neues zum Transparenzregister

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Keine uneingeschränkte Einsichtnahme in das Transparenzregister für die breite Öffentlichkeit – EuGH-Urteil vom 22. November 2022 und aktuelle Hinweise der Verwaltung

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Die 5. EU-Geldwäscherichtlinie enthält u. a. eine Reglung, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der in ihrem Gebiet eingetrage-nen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen in allen Fällen für die Öffentlichkeit zugäng-lich sind. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun mit Urteil vom 22. November 2022 (Az. C-37/20, C-601/20) entschieden, dass diese Regelung insoweit ungültig ist. Aus Sicht des EuGH stellt ein unein-geschränkter Zugang der Öffentlichkeit zum Transparenzregister und damit zu den personenbezoge-nen Daten der wirtschaftlich Berechtigten einen Eingriff in die in der EU-Grundrechtecharta verbürg-ten Grundrechte dar, nämlich in Art. 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens) und Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten).
Der EuGH stellt zugleich klar, dass die Regelungen der Geldwäscherichtlinie einen Eingriff in die EU-Grundrechtecharta grundsätzlich rechtfertigen können, wenn der Eingriff auf das absolut Erforderliche beschränkt ist und in einem angemessenen Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung steht. Das bedeutet, dass auch aus Sicht des EuGH eine Einsichtnahme des Transparenzregisters durch die Öffentlichkeit denkbar ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse vorweisen kann. Bis zur Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht sah das Geldwäschegesetz (GwG) eine solche Ein-schränkung vor.

Umgehende Reaktion der Verwaltung

Aufgrund der EuGH-Entscheidung wurde in Deutschland wie auch in zahlreichen weiteren EU-Mitgliedstaaten am 22. November 2022 umgehend die Stattgabe der Anträge von Mitgliedern der Öf-fentlichkeit auf Einsichtnahme in das Transparenzregister ausgesetzt. Am 12. Dezember 2022 wurde auf der Internetseite des Transparenzregisters (www.transparenzregister.de) sodann der Hinweis veröffentlicht, dass den Anträgen auf Einsichtnahme nicht vorbehaltlos entsprochen werden kann, sondern nur unter Berücksichtigung der Rechtslage nach der Entscheidung des EuGH sowie der im Einzelfall durch eine Einsichtnahme betroffenen Rechte. Eine Einsichtnahme ist danach weiterhin mög-lich, wenn das berechtigte Interesse an einer Einsichtnahme durch Mitglieder der Öffentlichkeit darge-legt wird.

Wie zu erwarten war, kehrt die Verwaltung insoweit zur alten Rechtslage vor Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie zurück. Mitglieder der Öffentlichkeit haben den Antrag auf Einsichtnahme bei Antragstellung nunmehr zu begründen und ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme darzule-gen. Wie der Gesetzgeber das EuGH-Urteil umsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Keine Auswirkungen auf die übrigen Rahmenbedingungen zur Führung des Transparenzregisters

Gegenstand des EuGH-Urteils sind nur die Regelungen zur Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit. Im Übrigen ändert sich an den Rahmenbedingungen zur Führung des Transparenzregisters einschließlich der Verpflichtung zur Meldung der wirtschaftlich Berechtigten durch das EuGH-Urteil nichts.

Weitergehender Antrag auf Beschränkung der Einsichtnahme in Ausnahmefällen denkbar

Losgelöst von dem aktuellen Urteil des EuGH gewährt das GwG den wirtschaftlich Berechtigten unter strengen Voraussetzungen die Möglichkeit, einen Antrag auf vollständige oder teilweise Beschrän-kung der Einsichtnahme zu stellen. Hierfür hat der wirtschaftlich Berechtigte darzulegen, dass seine schutzwürdigen Interessen der Einsichtnahme in das Transparenzregister unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entgegenstehen. Die schutzwürdigen Interessen des wirtschaftlich Berech-tigten werden in § 23 Abs. 2 GwG abschließend aufgezählt: Neben dem Schutz von Minderjährigen und Geschäftsunfähigen geht es dabei um die Gefahr, Opfer von Betrug, erpresserischem Menschen-raub, Geiselnahme, (räuberischer) Erpressung, strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben, Nöti-gung oder Bedrohung zu werden.

Sollten Sie zu Themen im Zusammenhang mit dem Transparenzregister Fragen haben, sprechen Sie uns gern an. Hierfür stehen Ihnen insbesondere unsere gesellschaftsrechtlichen Partner Dr. Sebastian Bednarz und Thomas Rieck zur Verfügung.

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