Neues Fondsstandortgesetz: Mitarbeiterbeteiligungen in Start-Ups

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Am 20. Januar 2021 hat das Bundeskabinett einem Gesetzesentwurf zur Stärkung und Förderung des Fondsstandortes Deutschland (Fondstärkungsgesetz) zugestimmt, in dem unter anderem steuerliche Erleichterungen von Mitarbeiterbeteiligungen vorgesehen sind. Die Regelungen werden – insofern auch der Bundestag und der Bundesrat dem Gesetzesvorhaben zu stimmen – voraussichtlich am 1. Juli 2021 in Kraft treten. Ziel ist es, vor allem Start-up-Unternehmen in Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger zu machen.

Nach einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom unter Start-Ups würde fast jeder zweite Gründer Mitarbeiter am Unternehmen beteiligen, tut dies jedoch wegen der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht. Hauptproblem bei der Beteiligung von Mitarbeitern ist bislang, dass dem Arbeitnehmer durch die Übertragung von Unternehmensbeteiligungen in Höhe des geldwerten Vorteils Arbeitslohn zufließt, der dann unmittelbar der (Lohn-) Besteuerung unterliegt. Der Mitarbeiter muss somit Steuern zahlen, obwohl ihm zu diesem Zeitpunkt zwar die Beteiligung, nicht jedoch liquide Mittel zu geflossen sind (sog. „Dry Income"). Dieses finanzielle Hemmnis soll zukünftig durch einen Besteuerungsaufschub beseitigt werden.

Voraussetzungen des Besteuerungsaufschubes

Die Voraussetzungen dieses Besteuerungsaufschubes sollen durch Neueinfügung des § 19a EStG geregelt werden. Dieser sieht zusammengefasst folgende kumulativen Voraussetzungen vor:

  • die Vermögensbeteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers wird zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn übertragen,

  • es handelt sich um eine unentgeltliche oder verbilligte Übertragung der Beteiligung (da nur der geldwerte Vorteil der Besteuerung unterliegt),

  • das Unternehmen des Arbeitgebers ist Kleinstunternehmen, kleines oder mittleres Unternehmen (maximal: 250 Mitarbeiter, EUR 50 Mio. Jahresumsatz, EUR 43 Mio. Bilanzsumme),

  • die Unternehmensgründung darf nicht mehr als 10 Jahre zurückliegen und

  • die Zustimmung des Arbeitnehmers muss vorliegen.

Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Arbeitgeber die vorläufige Nichtbesteuerung im Lohnsteuerabzugsverfahren anwenden. Die Besteuerung wird somit von dem Zeitpunkt des Zuflusses auf den Realisationszeitpunkt (dazu unter 2.) verschoben. Besonders zu beachten ist zudem, dass der Zahlungsaufschub nur hinsichtlich der (Lohn-)Steuer gelten soll, nicht hingegen in Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge. Diese müssen bereits bei der Übertragung der Unternehmensbeteiligung hinsichtlich des geldwerten Vorteils durch den Arbeitgeber abgeführt werden. Zudem sollen den Arbeitgeber bei vorläufiger Nichtbesteuerung Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten hinsichtlich der steuerlich relevanten Informationen treffen.

Umstritten ist, ob § 19a EStG zukünftig auch mittelbare Mitarbeiterbeteiligungen oder virtuelle Beteiligungen erfassen wird. Dies wäre wünschenswert, da der Einsatz einer Pooling-Gesellschaft, an der sich die Mitarbeiter beteiligen, in der Praxis häufig vorkommt und sich virtuelle Beteiligungen gerade bei Start-Ups großer Beliebtheit erfreuen.

Spätere Lohnbesteuerung

Wie bereits dargestellt soll die (Lohn-) Steuer erst im Zeitpunkt der Realisation anfallen. Dazu sieht § 19a EStG nach dem Gesetzentwurf folgende alternative Realisationstatbestände vor:

  • die Vermögensbeteiligung wird vom Arbeitnehmer ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder

  • seit der Übertragung sind zehn Jahre vergangen oder

  • das Arbeitsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber endet.

Liegt einer dieser Realisationstatbestände vor, fällt die Lohnsteuer an. Auf Kritik sind dabei vor allem die starre zeitliche Befristung des Besteuerungsaufschubs auf zehn Jahre und das durch die auflösende Bedingung des Arbeitsplatzwechsels geschaffene zusätzliche Kündigungshemmnis gestoßen.

Im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer ist der geldwerte Vorteil abzüglich eines Freibetrages zugrunde zu legen. Der geldwerte Vorteil berechnet sich aus dem Verkehrswert der Beteiligung zum Zeitpunkt der Übertragung abzüglich etwaiger Anschaffungsausgaben. Dies dürfte in der Praxis nicht zuletzt erhebliche Bewertungsprobleme nach sich ziehen. Letztlich soll im Rahmen der Gesetzesänderung der derzeit bestehende Freibetrag von EUR 360,00 auf EUR 720,00 ansteigen.

Fazit

Die grundsätzlichen Reformbestrebungen zur steuerlichen Förderung und Erleichterung von Mitarbeiterbeteiligungen sind selbstverständlich zu begrüßen. Die Vermeidung von „Dry Income" ist in vielen Fällen das Ziel der Unternehmer und erforderte bislang teilweise aufwendige Strukturierungen und frühzeitige Abstimmung mit der Finanzverwaltung. Es wäre zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber auf die praktischen Erfordernisse eingehen und die Regelungen zum einen hinsichtlich einer größeren Anzahl von Unternehmen (keine starren Grenzen bzgl. Größe und Dauer der Existenz) und zum anderen hinsichtlich anderer Formen der Mitarbeiterbeteiligung und einem längeren Besteuerungsaufschub ausweiten würde.

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