Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben als Stolpersteine in der Lebensmittelwerbung

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Eine bewusste und gesunde Ernährung wird für viele Verbraucher immer wichtiger. Die Zeiten, in denen Fastfoodketten wie McDonalds, Burger King oder – das nur vermeintlich gesunde – Subway an jeder Straßenecke aus dem Boden sprießen, scheinen vorbei. Insbesondere die jüngeren Generationen versuchen nachhaltiger zu leben und achten in der Konsequenz auch auf ihre Ernährung. Vegetarische und vegane Ernährung ist seit vielen Jahren ebenso auf dem Vormarsch wie ein regionaler Lebensmittelbezug oder das sogenannte „Clean Eating", bei dem ausschließlich naturbelassene anstelle industriell verarbeiteter Lebensmittel zum Einsatz kommen. Hinzu kommt die zunehmende Fitnessbegeisterung vieler Menschen, mit der oftmals ebenfalls bestimmte Ernährungsgewohnheiten einhergehen, um das eigene Muskelwachstum zu maximieren und den Fettanteil im Körper zu senken.

Marketing reagiert auf geändertes Konsumentenverhalten

Auf dieses geänderte Konsumentenverhalten reagiert auch die Lebensmittelindustrie. Viele bekannte Hersteller erweitern ihre Sortimente und passen sich den Wünschen der Verbraucher an. Aber auch neue Unternehmen versuchen, sich durch innovative Produkte am Markt zu positionieren. Durch entsprechendes Marketing sollen die Innovationen dem Konsumenten nähergebracht werden. Hierzu gehört auch eine ansprechende Gestaltung des Produktlabels, in dem häufig auf Food-Trends Bezug genommen wird.

Aus rechtlicher Sicht entstehen dabei Schwierigkeiten, wie die Lebensmittel richtig zu kennzeichnen und ordnungsgemäß zu bewerben sind. Bei Fehlern drohen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände und einige Verstöße sind sogar strafbar. Die rechtlichen Vorgaben sind dabei aus Gründen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes sehr streng.

Bei der Kennzeichnung von nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben muss insbesondere die europäische Health-Claims-Verordnung (im Nachfolgenden: HCV) berücksichtigt werden, die auch in Deutschland unmittelbar Anwendung findet. Die Gesetzesvorgaben führen mitunter zu Spannungen zwischen den regulatorischen Vorgaben und neuen Food-Trends wie die nachfolgend dargestellten Gerichtsentscheidungen exemplarisch verdeutlichen.

Nährwertbezogene Angaben am Beispiel von „low carb"

Nährwertbezogene Angaben für Lebensmittel sind nach der HCV nur zulässig, wenn die konkrete Bezeichnung im Anhang der Verordnung aufgelistet ist. Hierin finden sich auch Angaben für reduzierte Nährwerte wie Fette („low fat") oder Zucker („low sugar"). Demgegenüber fehlt es an einer entsprechenden Eintragung für reduzierte Kohlenhydrate („low carb"). Aus diesem Grund haben die Gerichte bereits mehrfach entschieden, dass die Werbeangabe „low carb" unzulässig ist (u.a. OLG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2014, Az. 3 W 27/14). Bei der Aussage handele es sich nicht lediglich um eine allgemeine Bezeichnung für bestimmte Lebensmittelkategorien wie vergleichsweise „Hustenbonbon" oder „Digestif", die nicht von der HCV erfasst sind. Vielmehr verstünden Verbraucher die Angabe „low carb" dahingehend, dass das ausgewiesene Lebensmittel einen geringen Kohlenhydratanteil hat, weshalb eine nährwertbezogene Angabe im Sinne der HCV vorliege.

Gesundheitsbezogene Angaben am Beispiel von „Detox"

Auch die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben ist durch die HCV stark reglementiert. Solche Angaben dürfen nur verwendet werden, wenn sie in die Gemeinschaftsliste der zugelassenen Bezeichnungen der Europäischen Kommission aufgenommen wurden. Im Umkehrschluss sind gesundheitsbezogene Angaben, die nicht in der Liste stehen, unzulässig. Als gesundheitsbezogene Angaben haben die Gerichte beispielsweise die Bezeichnung „Detox" eingestuft (u. a. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2017, Az. I ZR 167/16). Nach Auffassung des BGH werde der Begriff von Verbrauchern nicht nur als allgemeines Schlagwort zur Werbung für Wellness-Produkte, sondern als Mittel zur „Entgiftung" des Körpers verstanden. Die Angabe beziehe sich also auf eine spezielle ernährungsspezifische Wirkweise, die mess- und nachweisbar ist. Da der Begriff allerdings nicht in die Liste der zugelassenen Bezeichnungen aufgenommen wurde, ist die Werbung mit ihm unzulässig.

Regulatorische Vorgaben als Stolperstein für das Marketing

Diese Beispiele aus der Rechtsprechung verdeutlichen, dass Lebensmitteltrends sich mitunter schneller entwickeln als die regulatorischen Vorgaben ihnen nachkommen. Obwohl die beispielhaft genannten Angaben seit vielen Jahren bekannt sind und von Verbrauchern nachgefragt werden, wurden sie bislang nicht in die Listen für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben aufgenommen. Damit bleibt ihre Verwendung unzulässig. Auf der anderen Seite werden einige Nährwertangaben mittlerweile beinahe inflationär benutzt, wenn man sich beispielsweise Produkte wie „Protein Lachs" oder „Protein Pudding" anschaut. Für Hersteller von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln bleibt die Kennzeichnung ihrer Produkte von besonderer Relevanz, um rechtskonforme Werbestrategien zu entwickeln und der Gefahr von Abmahnungen vorzubeugen.

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