Finanzverwaltung äußert sich zur ertragsteuerlichen Behandlung von Krypto-Assets

icon arrow down white

In unserem letzten Beitrag zur Besteuerung von Krypto-Assets hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass sich ein BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung in Vorbereitung befindet. Das Bundesfinanzministerium hat jetzt noch vor der Sommerpause am 17. Juni 2021 auf seiner Website eine entsprechende Entwurfsfassung mit dem Titel „Einzelfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token" im Umfang von 24 Seiten veröffentlicht. Der Entwurf geht sowohl auf die ertragsteuerliche Behandlung im Privat- als auch im Betriebsvermögen ein.

Bislang mussten sich Steuerpflichtige und Berater hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung an vereinzelten Verwaltungsanweisungen von Landesfinanzverwaltungen, finanzgerichtlichen Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz und Beiträgen in der Fachliteratur orientieren.

Im Folgenden werden einige wesentliche Punkte der Entwurfsfassung kurz zusammenfassend dargestellt:

Definition von Begrifflichkeiten

Der Entwurf des BMF-Schreibens startet auf den ersten Seiten mit Definitionen von diversen Begriffen aus dem Bereich der Blockchain-Technologie.

Virtuelle Währungen sind demnach digital dargestellte Werteinheiten von Währungen, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzen, aber deren Werteinheiten von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert werden und auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden können. Erfasst sind hiervon auch die als Token bezeichneten digitalen Werteinheiten mit Zahlungsfunktion (Currency oder Payment Token). Zu den bekanntesten virtuellen Währungen gehören beispielsweise Bitcoin, Ether, Litecoin und Ripple.

Token werden als digitale Werteinheiten definiert, die Ansprüche oder Rechte verkörpern, deren Funktionen variieren. Token können als Entgelt für erbrachte Dienstleistungen im Netzwerk dienen (z. B. aufgrund erbrachter Rechnerleistung im Netzwerk) oder unabhängig von der Zurverfügungstellung von Rechnerleistung zentral von einem Projektinitiator zugeteilt werden, beispielsweise im Rahmen eines sog. Initial Coin Offering (ICO). Die Ausgabe von Token stellt insbesondere für Start-ups eine alternative Finanzierungsmethode dar.

Ertragsteuerliche Behandlung von Mining

Nach Ansicht des BMF führen sowohl die beim Mining im Zusammenhang mit der Blockerstellung erhaltenen Einheiten einer virtuellen Währung als auch die erhaltenen Transaktionsgebühren beim Steuerpflichtigen zu einem Anschaffungsvorgang, der im Privatvermögen zum Beginn der einjährigen Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG führt. Dies stellt im Vergleich zur bisherigen Auffassung der Finanzbehörde Hamburg (Erlass vom 11. Dezember 2017) eine Verschärfung dar, da derartige Einnahmen nach dem nunmehr wohl überholten Erlass nicht als Anschaffungsvorgang angesehen wurden.

Zudem geht das BMF beim Mining grundsätzlich von einer gewerblichen Tätigkeit aus, die zu Einkünften im Sinne des § 15 EStG führt. Dies soll unabhängig von der Höhe der Aufwendungen für Hardware und Strom gelten. Ist der Steuerpflichtige der Ansicht, es liege lediglich eine private Vermögensverwaltung vor, muss er die Auffassung der Finanzverwaltung widerlegen. Die Einordnung als gewerbliche Tätigkeit kann zu einer Gewerbesteuerbelastung führen und zudem werden die für das Mining erhaltenen Krypto-Assets Betriebsvermögen. Die Folge ist, dass die grundsätzlich einjährige Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG für Betriebsvermögen nicht gilt und damit jede spätere Veräußerung mit Gewinn – unabhängig von der Haltedauer – steuerpflichtig ist.

Schließen sich mehrere Miner zu einem sog. Mining-Pool zusammen, kann dadurch eine Mitunternehmerschaft begründet werden, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für eine Mitunternehmerschaft erfüllt sind.

Kann der Steuerpflichtige beim Mining eine gewerbliche Tätigkeit widerlegen, sollen die Einnahmen zu sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG führen.

Verwendungsreihenfolge

Wurden in der Vergangenheit virtuelle Währungen im Privatvermögen zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafft, stellt sich bei Veräußerung regelmäßig die Frage, welche Verwendungsreihenfolge gilt. Dies hat insbesondere praktische Relevanz, um bestimmen zu können, ob die Veräußerung innerhalb der vorgenannten Spekulationsfrist erfolgt. Regelmäßig haben die Finanzämter bislang bereits die sog. FiFo-Methode (First in First out) akzeptiert. Bei dieser Methode wird vereinfacht unterstellt, dass die zuerst angeschafften Einheiten einer virtuellen Währung zuerst veräußert werden.

Nach Auffassung des BMF gilt generell der Grundsatz der Einzelbetrachtung. Aus Vereinfachungsgründen ist die Anwendung der sog. FiFo-Methode jedoch zulässig. Die einmal gewählte Methode – FiFo-Methode oder Einzelbetrachtung - ist auf jede einzelne Wallet anzuwenden und bis zur vollständigen Veräußerung der Einheiten einer virtuellen Währung in dieser Wallet beizubehalten.

Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre

Die grundsätzlich einjährige Spekulationsfrist im Privatvermögen soll sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 EStG auf zehn Jahre verlängern, wenn Einheiten einer virtuellen Währung oder Token als Einkunftsquelle genutzt werden und zumindest in einem Kalenderjahr hieraus Einkünfte erzielt worden sind. Eine Nutzung als Einkunftsquelle liegt demnach beispielsweise vor, wenn Einheiten einer virtuellen Währung im Wege des sog. Lending gegen Entgelt überlassen werden. Dies kann auch beim Staking der Fall sein oder wenn Einheiten einer virtuellen Währung zum Zweck des Proof of Stake verwendet werden.

Steuerpflichtige sollten bei Ihren Planungen die Verlängerung der Spekulationsfrist unbedingt beachten, da sonst für vermeintlich steuerfreie Gewinne später überraschend Steuerzahlungen zu leisten sind.

Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten

In der vorliegenden Entwurfsfassung ist zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten des Steuerpflichtigen lediglich ein Platzhalter ohne weitere Ausführungen enthalten. Es bleibt also spannend, was sich die Finanzverwaltung bis zur finalen Fassung des BMF-Schreibens dazu noch überlegen wird. Es wäre wenig überraschend, wenn am Ende auf den Steuerpflichtigen und seine Berater umfangreiche Pflichten zukommen. Auf ein bislang offenbar bestehendes Vollzugsdefizit der Finanzämter bei diesem Themengebiet hat das Finanzgericht Nürnberg in seinem Beschluss vom 8. April 2020 hingewiesen.

Fazit

Der vorliegende Entwurf des BMF-Schreibens ist – wie fast zu erwarten war – äußert profiskalisch ausgestaltet. Diverse Verbände und Interessenvertreter haben in den nächsten Wochen die Gelegenheit, entsprechende Stellungnahmen abzugeben. Bis zur finalen Fassung des BMF-Schreibens, welches bis spätestens Jahresende erwartet wird, können sich noch Änderungen ergeben.

Die Entwurfsfassung unterscheidet in der Darstellung nicht zwischen Vorgängen, die über zentrale Plattformen mit Zwischenschaltung eines Intermediärs (z. B. Coinbase, Kraken usw.) oder im Bereich der dezentralisierten Finanzmärkte (ohne zentralen Plattformbetreiber, Decentralized Finance, kurz: DeFi) abgewickelt werden. Letztere gewinnen seit 2020 immer mehr an Bedeutung. Es bleibt zu hoffen, dass das BMF mit den schnellen und dynamischen Entwicklungen rund um virtuelle Währungen und Token Schritt halten kann.

Anzumerken ist, dass die Rechtsauffassung des BMF in der finalen Fassung für alle Finanzämter bundesweit verbindlich sein wird. Es ist zu erwarten, dass sich die Finanzämter bei zukünftigen Steuerveranlagungen bereits jetzt an der Entwurfsfassung orientieren werden. Für Finanzgerichte und Steuerpflichtige hat der Inhalt eines BMF-Schreibens aber keine Bindungswirkung. Erfolgt jedoch in einer Steuererklärung eine vom BMF-Schreiben abweichende Behandlung, ist dies gegenüber dem Finanzamt offenzulegen.

Beratungsempfehlung

Auch wenn bislang die Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten im konkreten Fall noch unklar sind, empfehlen wir allen Steuerpflichtigen, ihre relevanten Vorgänge in der Steuererklärung zu berücksichtigen und im Zweifel Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen. Transaktionen mit Kryptowährungen gelten gemeinhin als pseudonym. Steuerpflichtige in Deutschland sollten sich jedoch nicht zu sicher sein, dass ihre Transaktionen nicht noch nachträglich von den Finanzbehörden entdeckt werden. Von diversen Behörden weltweit werden bereits heute IT-Anwendungen genutzt, um Transaktionen mit Kryptowährungen z. B. für Zwecke der Geldwäschebekämpfung und zur Aufklärung von Terrorismusfinanzierung zurückverfolgen zu können. Auf EU-Ebene sollen bereits zeitnah Regelungen zum Informationsaustausch in Bezug auf Transaktionen mit Kryptowährungen verabschiedet werden. Auch Datenhändler könnten sich zukünftig wieder an die berühmten Steuer-CDs zu den Kapitalerträgen erinnern und den Finanzbehörden entsprechende Informationen anbieten. Wie der jüngsten Medienberichterstattung zu entnehmen ist, wurden erst kürzlich wieder Steuerdaten angekauft, auch wenn der Fokus dieser Daten – soweit bislang bekannt – nicht auf Transaktionen mit Kryptowährungen liegt.

Sprechen Sie uns bei Fragen zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen und Token gerne jederzeit an. Über weitere Details zu Steuerthemen rund um virtuelle Währungen und Token werden wir Sie demnächst auf unserer Website informieren und Sie über die Rechtsentwicklung auf dem Laufenden halten.

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Update: Virtuelle Kraftwerke – Bürgerenergie – Blockchain

  • Vorsicht bei Fehlern in der Steuererklärung

  • Kryptoaktien: Die elektronische Aktie kommt

  • Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen sind steuerpflichtig