Erwerbszeitpunkt bei Ausübung eines Benennungsrechts

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Schließen sich mehrere Erwerber von Grundstücken auf einem von einer Gemeinde oder einem sonstigen Verkäufer erschlossenen Gelände zu einer gemeinsamen Bebauung zusammen, kann es vorkommen, dass noch ein oder mehrere Erwerber im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs oder des Bebauungsbeginns fehlen. Wird der Erwerb von den anderen Käufern aber trotzdem durchgeführt, kann dies in der Weise erfolgen, dass ein Erwerber das Recht hat, innerhalb eines vereinbarten Zeitraumes einen oder mehrere weitere Erwerber zu benennen. Diese Erwerber treten mit der Benennung dann in den Kaufvertrag mit allen vorher ausgehandelten Rechten und Pflichten ein.

Entscheidung des BFH

Im einem durch den Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall vom 26. Oktober 2021 (Az. IX R 12/20) geschah dies bei dem Erwerb eines erschlossenen Areals von einem Bundesland. Die Initiatorin des Bauvorhabens hatte noch nicht die erforderliche Zahl von Käufern zusammen, daher wurde ihr im Kaufvertrag eine Frist von 20 Monaten gewährt, in der sie weitere Käufer benennen konnte. Sie hatte auch das Recht, sich selbst zu benennen. Nach Ablauf der 20 Monate wurde sie automatisch Erwerberin der verbliebenen Grundstücke. Sie benannte weitere Erwerber und vor Ablauf der vereinbarten Frist für das letzte Grundstück sich selbst. Das dadurch erworbene Grundstück mit einem Reihenhaus vermietete sie.
Mehr als 10 Jahre nach dem Datum des ursprünglichen Kaufvertrags, aber vor Ablauf von 10 Jahren nach ihrer Selbstbenennung veräußerte sie das Grundstück mit einem erheblichen Gewinn.

Die Finanzverwaltung bekam von dem Verkauf durch die – gesetzlich vorgeschriebene – Mitteilung des beurkundenden Notars Kenntnis und sah in dem Vorgang ein privates Veräußerungsgeschäft gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Da die Initiatorin dies nicht einsah, kam es zu einem Prozess, in dem das Finanzgericht (FG) der Klägerin Recht gab. Das FG sah in dem ursprünglichen Kaufvertrag mit dem Benennungsrecht den Anschaffungsvorgang für das Grundstück.

Der vom Finanzamt mit der Revision angerufene Bundesfinanzhof (BFH) beurteilte den Sachverhalt aber abweichend vom FG. Er sah den Eintritt in den Kaufvertrag erst mit der Selbstbenennung der Klägerin als erfüllt an und damit einen späteren Erwerbszeitpunkt für das Grundstück. Nach Ansicht des BFH wurde erst damit eine aufschiebende Bedingung im Kaufvertrag gem. § 158 Abs. 1 BGB erfüllt und erst dann das Grundstück erworben. Weil infolgedessen der Erwerb und die Veräußerung innerhalb von 10 Jahren erfolgten, waren die Voraussetzungen für ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft erfüllt.

Fazit

In ähnlichen Fällen sollte bei einem kurz vor dem Fristende ausgehandelten Kaufvertrag ein etwas anderer Weg mit dem Käufer beschritten werden. Es sollte eine aufschiebende Bedingung vereinbart werden, die erst nach Ablauf der 10-Jahres-Frist eintreten kann oder ein Verkaufsangebot abgegeben werden, das erst nach dieser Frist angenommen werden kann.

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