Ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechtskapital

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In den letzten Jahren ist die Verwendung von Genussrechtskapital als Finanzierungsinstrument immer beliebter geworden. Es wird insbesondere von Investoren im Bereich der erneuerbaren Energien und zuletzt auch vermehrt im Bereich von Crypto-Investments (blockchainbasierte bzw. tokenisierte Investments) genutzt.

Folglich gewinnt die ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechtskapital an praktischer Bedeutung, da sie darüber entscheidet, ob das Genussrechtskapital als Eigen- oder Fremdkapital einzustufen ist und somit ein Betriebsausgabenabzug geltend gemacht werden kann.

Überblick über den Entwurf des BMF-Schreibens

Mit dem Entwurf eines BMF-Schreibens vom 1. November 2022 nimmt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) erstmalig offiziell und umfangreich Stellung zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechten bzw. Genussrechtskapital.
Das Entwurfsschreiben wurde an bestimmte Verbände versandt. Diese hatten bis zum 30. November 2022 Gelegenheit zur Stellungnahme. Dem Vernehmen nach soll das finale BMF-Schreiben zeitnah veröffentlich werden.
Der Entwurf des BMF-Schreibens umfasst zehn Seiten und ist in acht Kapitel gegliedert. Im Wesentlichen werden die fünf folgenden Themen behandelt:

  1. Definition des Genussrechtskapitals
  2. Die Abgrenzung zu anderen Kapitalüberlassungen, insbesondere zur stillen Beteiligung und zum partiarischen Darlehen
  3. Die steuerbilanzielle Abgrenzung von Fremd- und Eigenkapital (insbesondere das Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG)
  4. Die steuerliche Abziehbarkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit Genussrechtskapital
  5. Die Behandlung der Umwandlung von Darlehen in Genussrechtskapital (Debt-Mezzanine-Swap)

Steuerliche Einordnung und Bilanzierung von Genussrechtskapital

Der Entwurf des BMF-Schreibens enthält nachfolgende ausgewählte Kernaussagen:

  • Die handelsrechtliche Einordnung von Genussrechtskapital als Eigenkapital nach IDW/HFA 1/94 (Nachrangigkeit der Kapitalüberlassung, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung, Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe des überlassenen Kapitals und Langfristigkeit der Kapitalüberlassung) führt nicht zwingend zur steuerlichen Einordnung als Eigenkapital. Bei der steuerbilanziellen Abgrenzung ist in der Regel ein entscheidendes Kriterium für das Vorliegen von Fremdkapital eine bestehende Rückzahlungsverpflichtung. Soweit einer Kapitalgesellschaft Genussrechtskapital überlassen wurde und dieses handelsbilanziell als Fremdkapital zu qualifizieren ist, ist dieses grundsätzlich auch in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit auszuweisen.
  • Die Bedienung von Genussrechtskapital nur aus zukünftigen Gewinnen und Liquidationserlösen führt nicht zur Passivierung des Genussrechts als Verbindlichkeit. Es gilt das Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG. Die Finanzverwaltung folgt somit der BFH Rechtsprechung (BFH vom 30. November 2011, Az. I R 100/10; BFH vom 15. April 2015, Az. I R 44/14). Handelt es sich bei der Überlassung von Genussrechtskapital jedoch um eine Überlassung von Fremdkapital, sind gezahlte Vergütungen auf das Genussrechtskapital unabhängig vom Vorliegen eines Passivierungsverbotes Betriebsausgaben i. S. des § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 4 EStG.
  • Der Betriebsausgabenabzug auf die Kapitalüberlassung wird nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG versagt, wenn die Kapitalüberlassung mit der Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös- also an dem wirtschaftlichen Erfolg der genussrechtsausgebenden Kapitalgesellschaft- verbunden wird. Hervorzuheben ist, dass die Finanzverwaltung eine weite Auslegung des Begriffs der Gewinn- bzw. Liquidationsbeteiligung anwendet. Hierunter fallen Genussrechte, die die Beteiligung am Jahresüberschuss, Bilanzgewinn, ausschüttungsfähigen Gewinn, EBIT und EBITDA vorsehen. Hierzu zählt nicht die Beteiligung am Gewinn einer bestimmten Unternehmenssparte (sog. tracking-stocks) und von einzelnen Wirtschaftsgütern. Eine Verlustbeteiligung an der genussrechtsausgebenden Kapitalgesellschaft ist nicht erforderlich.
  • Wird eine Darlehensforderung in ein Genussrechtskapital umgewandelt, ist grundsätzlich der bilanzielle Ausweis des Genussrechtskapitals anlässlich der neuen schuldrechtlichen Vereinbarung zu prüfen. Ist das Genussrechtskapital sodann als Fremdkapital und somit als Verbindlichkeit auszuweisen, hat ein erfolgsneutraler Passivtausch zu erfolgen. Wird hingegen der Genussrechtsemittent am Bilanzstichtag wirtschaftlich nicht (mehr) belastet, gilt das Passivierungsverbot, sodass keine Verbindlichkeit auszuweisen ist.
  • Unter Bezugnahme auf das BFH Urteil vom 10. Juli 2019 (Az. XI R 53/17) wird klargestellt, dass die steuerliche Einordnung bzw. der Steuerbilanzausweis beim Genussrechtsemittenten nicht zu einer korrespondieren steuerlichen Einordnung bzw. Bilanzierung beim Genussrechtsinhaber führt. Eine sog. Korrespondenzsituation ist hierbei nicht gegeben.

Im Schlussteil wird darauf hingewiesen, dass das finale Schreiben in allen offenen Fällen anzuwenden ist.

Fazit und Ausblick: Steuerliche Einordnung im BMF-Entwurf zu begrüßen

Nachdem es in der Vergangenheit hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital erhebliche Unsicherheiten gab, ist die steuerliche Einordnung im Entwurf des BMF-Schreibens zu begrüßen. Insbesondere die Ausführungen zu den Bilanzierungsgrundsätzen und der Einkommensermittlung beim Genussrechtsemittenten schaffen Klarheit und Investitionssicherheit. Gleichwohl ist zu kritisieren, dass nach wie vor u. a. bezüglich der steuerrechtlichen Qualifizierung beim Genussrechtsinhaber Rechtsunsicherheit verbleibt.
Es bleibt zu hoffen, dass das BMF im finalen Schreiben weitere Klarstellungen, insbesondere hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung beim Genussrechtsinhaber, nachholt.

Zusammen verfasst mit Frank Niesmann.

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