BFH: Cum-Ex-Geschäfte führen nicht zu Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuer

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Als Cum-Ex-Geschäfte werden Aktientransaktionen rund um den Dividendenstichtag (üblicherweise der Tag der Hauptversammlung) bezeichnet, bei denen Aktien mit Dividendenberechtigung (Cum Dividende) veräußert und ohne Dividendenberechtigung (Ex Dividende) geliefert werden. Die Grundstruktur der Cum-Ex-Geschäfte basierte regelmäßig auf außerbörslich, mitunter aber auch börslich getätigten Leerverkäufen von Aktien. Zielsetzung der Cum-Ex-Aktiengeschäfte war die mehrfache Anrechnung oder Erstattung einer lediglich einmal einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer.

Cum-Ex-Geschäfte beschäftigen seit geraumer Zeit Zivil-, Straf- und Finanzgerichte, Staatsanwaltschaften und insbesondere auch die Finanzverwaltungen. Im Juli 2021 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer gegenüber den Finanzbehörden auf der Grundlage von Cum-Ex-Geschäften den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt.

Mit Urteil vom 2. Februar 2022 entschied der Bundesfinanzhof, dass die vom Bundesgerichtshof grundsätzlich als strafbar eingestuften Transaktionen auch aus steuerrechtlicher Sicht unzulässig sind. Die vollständige oder teilweise Erstattung der Kapitalertragsteuer aus Aktiengeschäften setze voraus, dass es zeitlich vorgelagert zum Einbehalt und einer Abführung der Steuerbeträge an das Finanzamt gekommen ist.

Im Streitfall vor dem Bundesfinanzhof klagte ein US-amerikanischer Pensionsfonds, der vom deutschen Fiskus die Erstattung von Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag forderte. Das Bundeszentralamt für Steuern lehnte dieses Begehren ab. Der Fonds hatte unmittelbar vor dem Dividendenstichtag in großem Umfang Aktien deutscher Gesellschaften mit Dividendenanspruch (Cum Dividende) als sog. Futures erworben. Diese Aktien wurden dem Pensionsfonds erst nach dem Dividendenstichtag (Ex Dividende) in seinem inländischen Depot gutgeschrieben. Die depotführende Bank zahlte anstatt der tatsächlichen Dividende eine Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Dividende abzüglich der erwarteten Kapitalertragsteuer. Die tatsächliche Dividende erhielt ein anderer Aktionär, der zum Dividendenstichtag zivilrechtlich Inhaber der Aktie war.

Der Pensionsfond war dabei Teil eines mit mehreren Parteien abgestimmten Gesamtkonzeptes mit dem Ziel des kurzfristigen Erwerbs und der anschließenden Veräußerung von Wertpapieren.

Der Pensionsfonds machte geltend, dass ihm ein Erstattungsanspruch betreffend die deutsche Kapitalertragsteuer zustehe.

Das Finanzgericht Köln hatte als Vorinstanz entschieden, dass es sich hierbei um einen steuerrechtlich unzulässigen Versuch der Beteiligten handelte, eine nur einmal abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach angerechnet oder erstattet zu bekommen.

Die Revision des US-Pensionsfonds wurde nun vom I. Senat des BFH abgewiesen.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes war der Kläger im Zeitpunkt des jeweiligen Gewinnverteilungsbeschlusses der Aktiengesellschaften weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der dividendenberechtigten Aktien und damit Gläubiger der entsprechenden Kapitalerträge. Damit fehle es an einer Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung oder Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag.

Die Stellung als wirtschaftlicher Eigentümer einer Aktie könne nur einnehmen, wer den Aktieninhaber zugleich von den wesentlichen Rechten (Dividendenbezug, Stimmrecht) ausschließe. Diese Position gegenüber dem Aktieninhaber könne nicht allein durch eine rechtlich gesicherte Erwerbsaussicht und einen (wirtschaftlichen) Dividendenbezug vermittelt werden. Dies sei ebenfalls nicht durch Teilnahme an einer Gesamtvertragskonzeption herzustellen. Dadurch wurde ausgeschlossen, dass die vorgebliche wirtschaftliche Eigentümerin die wesentlichen Risiken der Transaktionen tragen solle, so der Bundesfinanzhof.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist von grundsätzlicher Bedeutung, da der nun entschiedene Fall trotz zahlreicher Cum-Ex-Varianten wegweisenden Charakter auch für viele weitere Verfahren im Cum-Ex-Skandal haben dürfte.

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