Die neue Corona - Arbeitsschutzverordnung

(Update vom 29. April 2021)

icon arrow down white

In unserem Beitrag vom 21. Januar 2021 hatten wir Sie über die Einführung der Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) und deren wesentliche Inhalte informiert. Im April 2021 wurde die Corona-Arbeitsschutzverordnung mehrfach verändert und ihre Laufzeit bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Der folgende Beitrag gibt diesen Stand wieder.

Die Corona-Pandemie hat das Land weiter fest im Griff und der Lockdown wurde mit der sog. „Bundesnotbremse" noch verschärft. Arbeitgeber*innen sind schon seit längerem dazu verpflichtet, ihren Mitarbeiter*innen überall dort das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, wo deren Tätigkeiten dies zulassen. Arbeiten Mitarbeiter*innen nicht ausschließlich im Homeoffice, müssen Arbeitgeber*innen ihren nunmehr auch regelmäßige Corona-Tests anbieten.

Wir möchten Ihnen nachfolgend einen kurzen Überblick über die Inhalte der Corona-Arbeitsschutzverordnung geben. Die Verordnung hat das Ziel, das Risiko von Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren (§ 1 Abs. 1 Corona-ArbSchV). Sie gilt für alle Arbeitgeber*innen, unabhängig von der Betriebs- oder Unternehmensgröße. Die Arbeitsschutzverordnungen nach § 18 ArbSchG, die Infektionsschutzregelungen der einzelnen Bundesländer – die zum Teil schärfere Anforderungen vorsehen – sowie die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sind daneben weiterhin zu beachten.

1. Pflicht zum Angebot von Corona-Tests

Arbeitgeber*innen sind verpflichtet, allen Mitarbeiter*innen, die nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zwei kostenfreie Corona-Test pro Kalenderwoche anzubieten. Betroffen sind alle Betriebe, die weiter auf „Präsenzbeschäftigte" angewiesen sind. Da der Wortlaut der Verordnung ausdrücklich von Mitarbeiter*innen spricht, die „nicht ausschließlich in ihrer Wohnung" arbeiten, setzt die Pflicht zum Testangebot die Anwesenheit im Betrieb nicht voraus. Testangebote müssen daher auch Mitarbeiter*innen unterbreitet werden, die ihre Arbeitsleistung an anderen Orten erbringen, etwa im Außendienst. Arbeitgeber*innen können Selbst- und Schnelltests anbieten, sie können aber auch Dritte mit der Durchführung der Tests beauftragen.

Eine Pflicht zur Dokumentation der Tests und von deren Ergebnissen besteht nicht. Allerdings müssen Arbeitgeber*innen Nachweise über die Beschaffung von Tests oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten bis zum 30. Juni 2021 aufbewahren.

Weitere Fragen, u.a. zur Anordnung einer Testpflicht im Betrieb, zum Umgang mit Testergebnissen, zur Vergütungspflicht für Testzeiten und zu rechtlichen Folgen von Verstößen gegen die Angebotspflicht beantworten wir in unserem Beitrag „Corona-Testangebote: Fragen und Antworten / Neues zum Homeoffice".

2. Reduzierung der Kontakte im Betrieb

Arbeitgeber*innen sind verpflichtet, alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren. Betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen, wie z.B. Besprechungen – sind nach Möglichkeit durch die Verwendung von Telefon – oder Videokonferenzen zu ersetzen. Ist dies bei betriebsnotwendigen Zusammenkünften nicht möglich, sind alternative Schutzmaßnahmen erforderlich, etwa Lüftungsmaßnahmen oder geeignete Abtrennungen zwischen den Anwesenden.

Auch die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen ist auf das betriebsnotwendige Minimum zu beschränken. Ist eine gleichzeitige Nutzung dennoch erforderlich, darf eine Mindestfläche von 10 Quadratmetern pro Person grundsätzlich nicht unterschritten werden. Lassen die auszuführenden Tätigkeiten dies nicht zu, muss ein gleichwertiger Schutz der Beschäftigten durch andere geeignete Schutzmaßnahmen sichergestellt werden. Zu den anderen geeigneten Schutzmaßnahmen zählen insbesondere Lüftungsmaßnahmen, geeignete Abtrennungen, Tragepflicht von Atemschutzmasken sowie sonstige im betrieblichen Hygienekonzept aufgeführte Maßnahmen. Ferner wurde klargestellt, dass die Vorgaben zur Raumbelegung auch für Pausenräume gelten. Laut den FAQ des BMAS soll die Flächenvorgabe nicht bei nur kurzzeitigen Aufenthalten von mehreren Personen in einem Raum gelten.

In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten sind die Beschäftigten in möglichst kleine Arbeitsgruppen einzuteilen. Personenkontakte zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen im Betriebsablauf sowie Änderungen dieser Einteilung sind auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren. Zeitversetztes Arbeiten ist zu ermöglichen, soweit die betrieblichen Gegebenheiten dies zulassen.

Die zuvor in der Corona-Arbeitsschutzverordnung geregelte Verpflichtung zum Angebot von Homeoffice wurde im Zuge der sog. „Bundesnotbremse" in das Infektionsschutzgesetz (§ 28b Abs. 7 IfSG) übernommen. Danach sind Arbeitgeber*innen bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten weiterhin verpflichtet, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice anzubieten, wenn dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Dabei handelt es sich um eine arbeitsschutzrechtliche und damit öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Die Verpflichtung gilt aktuell für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, längstens jedoch bis zum Ablauf des 30. Juni 2021.

Als mögliche Fälle von entgegenstehenden betrieblichen Gründen nennt das BMAS in seinen FAQ mit der Bürotätigkeit verbundene Nebentätigkeiten wie die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post, die Bearbeitung des Wareneingangs und -ausgangs, Schalterdienste bei weiterhin erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten, Materialausgabe, Reparatur- und Wartungsaufgaben (z.B. IT-Service), Hausmeisterdienste und Notdienste zur Aufrechterhaltung des Betriebes, u.U. auch die Sicherstellung der Ersten Hilfe. Technische und organisatorische Gründe oder Versäumnisse, wie z. B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten könnten i.d.R. allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds geltend gemacht werden. Im Einzelfall könnten auch besondere Anforderungen des Betriebsdatenschutzes als Verhinderungsgründe geltend gemacht werden, die z. B. technische und/oder räumliche Voraussetzungen erfordern, die über übliche Verschlüsselungssysteme hinausgehen.

Die mit der Angebotspflicht einhergehende Frage, ob Beschäftigte auch gegen ihren Willen verpflichtet werden können, im Homeoffice zu arbeiten, ist nun ebenfalls gesetzlich geregelt. Bisher konnten sie das Angebot einer Tätigkeit im Homeoffice ohne Angabe von Gründen ablehnen. Nunmehr ist eine „Annahmepflicht light" vorgesehen: Beschäftigte müssen Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten in ihrer Wohnung ausführen, wenn ihnen dies möglich ist. Gründe, die dem entgegenstehen, können laut Gesetzesbegründung z. B. räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder eine unzureichende technische Ausstattung sein. Teilen Beschäftigte dem/der Arbeitgeber*in auf Verlangen mit, dass ihnen das Arbeiten von zu Hause aus nicht möglich ist, soll dies jedoch zur Darlegung ausreichen. In Richtung der Mitarbeiter*innen hat die Regelung somit weiterhin eher Appellcharakter. Prüfpflichten der Arbeitgeber*innen oder gar behördliche Kontrollen sind insoweit nicht vorgesehen.

3. Mund-Nasen-Schutz

Arbeitgeber*innen müssen den Beschäftigten kostenfrei medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken oder vergleichbare Atemschutzmasken (Einzelheiten dazu siehe Anlage zur Corona-ArbschV) zur Verfügung zu stellen, wenn sich in einem Raum mehr als eine Person pro zehn Quadratmetern länger aufhält oder wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. Die Maskenpflicht besteht auch, wenn innerhalb eines Gebäudes Wege vom oder zum Arbeitsplatz zurückgelegt werden.

Eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Masken oder von vergleichbaren Atemschutzmasken besteht, wenn dies nach der vorzunehmenden Gefährdungsbeurteilung vorgesehen ist und bei Tätigkeiten, bei denen mit einem erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist (z.B. weil sehr laut gesprochen werden muss oder bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten) oder bei denen es zu einem persönlichen Kontakt mit Personen kommt, die aus – medizinischen – Gründen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen bzw. können. In diesen Fällen ist das Tragen einer einfachen medizinischen Gesichtsmaske nicht ausreichend.

Die Begründung der Corona-ArbSchV geht bei der Kalkulation des Erfüllungsaufwandes von einem „Verbrauch" von drei Schutzmasken pro Beschäftigtem und Tag aus.

Mit der Ergänzungsverordnung aus dem März 2021 wurde auch die Anlage zur Corona-ArbSchV aktualisiert, in der die Masken aufgeführt werden, die die Anforderungen an eine FFP2-Maske oder vergleichbare Atemschutzmaske im Sinne der Corona-ArbschV erfüllen. Besonderes Augenmerk verdient hier der Umstand, dass die weit verbreiteten Atemschutzmasken nach dem Standard „KN95" diese Anforderung nun nur noch dann erfüllen, wenn sie nach dem Prüfgrundsatz für Corona-Pandemie Atemschutzmasken (CPA) der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik getestet worden sind.

Die Beschäftigten sind verpflichtet, die zur Verfügung zu stellenden Masken zu tragen. Da es sich dabei um persönliche Schutzausrüstung handelt, dürfte eine Unterweisungspflicht hinsichtlich des Gebrauches, einschließlich des richtigen An- und Ablegens und der Nutzungsdauer, bestehen.

Arbeitgeber*innen bleibt das Recht vorbehalten, alternativ andere ebenso wirksame Maßnahmen zu treffen.

4. Administrative Verpflichtungen / Mitbestimmungsrechte

Gemäß § 2 Abs. 1 Corona-ArbSchV müssen Arbeitgeber*innen die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 und 6 ArbSchG hinsichtlich „zusätzlich erforderlicher Maßnahmen" des betrieblichen Infektionsschutz überprüfen und aktualisieren. Dies sollte im Hinblick auf mögliche Überprüfungen seitens der Arbeitsschutzbehörden dokumentiert werden, die gemäß § 22 ArbSchG weitreichende Auskunfts- und Einsichtsrechte haben.

Insbesondere das arbeitgeberseitige Angebot an die Beschäftigten, ihre Tätigkeit im Homeoffice zu erbringen, sowie ggf. dessen Ablehnung sollten zu Nachweiszwecken dokumentiert werden. Können bestimmte Tätigkeiten nicht im Homeoffice erbracht werden, sollten die Gründe hierfür ebenfalls dokumentiert werden, ggf. standardisiert nach den jeweiligen betrieblichen Funktionen.

Mit der Ergänzungsverordnung aus dem März 2021 wurde auch die ausdrückliche Verpflichtung zur Erstellung eines betrieblichen Hygienekonzeptes eingeführt. In dem Hygienekonzept sind die für den Infektionsschutz erforderlichen Maßnahmen festzulegen. Für die festgelegten Maßnahmen besteht dann eine Umsetzungspflicht. Zudem wird in der Arbeitsschutzverordnung explizit darauf hingewiesen, dass die branchenspezifischen Handlungshilfen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger zur weiteren Orientierung hinsichtlich der erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen herangezogen werden können. Das Hygienekonzept ist den Mitarbeiter*innen zugänglich zu machen. Dies kann etwa durch Veröffentlichung im Intranet oder durch Aushang im Betrieb erfolgen.

Schließlich sind auch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 1, 6 und 7 BetrVG vor allem im Zusammenhang mit der Einführung und Ausgestaltung der Tätigkeit im Homeoffice, aber auch im Hinblick auf die generellen Corona-Schutzmaßnahmen einschließlich der Ausgestaltung der „Maskenpflicht", weiterhin zu beachten.

Vor dem Hintergrund der Änderungen der Corona-ArbSchV sollten Arbeitgeber*innen die bisher ergriffenen betrieblichen Infektionsschutzmaßnahmen auf den Prüfstand stellen. Sofern noch nicht geschehen, sollte zudem die nun ausdrücklich erwähnte Verpflichtung zur Erstellung eines betrieblichen Hygienekonzepts berücksichtigt und zudem geprüft werden, ob die den Mitarbeiter*innen zur Verfügung gestellten Atemschutzmasken den aktuellen gesetzlichen Anforderungen genügen. Auch die Umsetzung der Angebote für Homeoffice und Corona-Test muss entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erfolgen.

Sprechen Sie uns gern an, wenn Sie in diesem Zusammenhang weitere Fragen haben oder Unterstützung bei der Umsetzung der Corona-ArbSchV benötigen.

Hier finden Sie die FAQs des Bundesarbeitsministeriums zur Corona-Arbeitsschutzverordnung und den Text der Arbeitsschutzverordnung in der Fassung vom 22. April 2021.

Mit dem Thema Corona-Arbeitsschutz befassen sich auch unsere Beiträge "Mehr Rechtssicherheit für Arbeitgeber – Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel", "Risiken und Nebenwirkungen der Coronakrise: Der neue Arbeitsschutzstandard" sowie „Corona-Testangebote: Fragen und Antworten / Neues zum Homeoffice" [Link].

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Dienstwagen: Wirksame Beendigung der privaten Nutzungsmöglichkeit?

  • Arbeitgeberbewertungen im Internet

  • Arbeitszimmer und Homeoffice-Pauschale: Neue Regeln ab 2023

  • Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Nichterreichbarkeit in der Freizeit?