Aspekte und Besonderungen bei der Bewertung von KMU

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Der IDW S 1 als Rahmenkonzept für die Unternehmensbewertung

Der IDW S 1 „Grundsätze für die Durchführung von Unternehmensbewertungen“ bildet die konzeptionellen Rahmenbedingungen der Unternehmensbewertung. Bei der Bewertung von klein- und mittelständischen Unternehmen ergeben sich eine Reihe von Besonderheiten bei der Anwendung des IDW S 1. In diesem Beitrag möchten wir einige dieser Besonderheiten darstellen und Anregungen geben, welche Vereinfachungen in der Praxis der Bewertung von KMU angemessen und mit den Vorgaben des IDW S 1 vereinbar sind.

Besonderheiten bei KMU

Bei der Bewertung von KMU müssen zunächst die Leistungen zwischen Gesellschafter und Unternehmen identifiziert und – soweit diese einem Drittvergleich nicht standhalten – gegebenenfalls zu Marktpreisen korrigiert werden. Ein typisches Beispiel ist die Bürgschaft eines Gesellschafters mit dessen privatem Vermögen für die Schulden der Gesellschaft und damit die Beeinflussung von deren Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten. Bei der Unternehmensbewertung würden hierfür beispielsweise marktübliche Avalgebühren in die zukünftigen Zahlungsströme einbezogen. Genauso müssen möglicherweise vorhandene Gesellschafterdarlehen hinsichtlich der Zinsstruktur überprüft werden und falls erforderlich an marktübliche Konditionen angepasst werden. Doch nicht nur in der Kapitalstruktur gibt es Besonderheiten bei KMU, sondern auch im operativen Geschäft können Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten stark vom Gesellschafter bzw. Geschäftsführer abhängen. Das individuelle Risiko, dass Schlüsselpersonen das Unternehmen verlassen, kann z. B. im Rahmen von Szenarioanalysen berücksichtigt werden. Gegebenenfalls sind die Lieferkonditionen sowie Beschaffungs- und Absatzprei-se an das Marktniveau anzupassen. Das Gleiche betrifft Geschäftsführergehälter oder weitere Geschäfte mit nahestehenden Personen, die auf ihre Marktüblichkeit überprüft werden und im Zweifelsfall angepasst werden müssen, sodass sie einem Drittvergleich standhalten.

Besonderes Augenmerk bei der Prognose der künftigen finanziellen Überschüsse

Grundsätzlich erfolgt die Unternehmensbewertung in der Praxis mithilfe kapitalwertorientierter Verfahren. Diese zielen darauf ab, die zukünftigen finanziellen Überschüsse mit einem risikoadäquaten Zinssatz abzuzinsen. Diesem Ansatz liegen Kapitalmarktmodelle, wie das CAPM, zur Bestimmung der Renditeanforderung zugrunde. Die wesentliche Herausforderung bei der Bewertung von KMU liegt in der Planung der künftigen finanziellen Überschüsse. Diese erfolgt anhand von vergangenheitsbezogenen Daten und angemessenen Prognosen für die Zukunft. Ein besonderer Fokus liegt auf der Planung der Zahlungsströme; insbesondere sind nicht marktübliche Sachverhalte zu identifizieren und zu objektiven Marktkonditionen zu bewerten. Wenn nicht damit gerechnet wird, dass bestimmte Werte erhalten bleiben (zum Beispiel Fachwissen oder Kundenbeziehungen), sind diese in der Planungsrechnung zu eliminieren. Ziel ist die Ermittlung der „übertragbaren Ertragskraft“, also nur die Berücksichtigung der Sachverhalte in den Zahlungsströmen, die bei einem Verkauf auf einen neuen Eigentümer übergehen würden.

Vereinfachtes Vorgehen bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes

Vereinfachungen sind bei Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes denkbar. Zur Ermittlung des Geschäftsrisikos wird im CAPM im Regelfall auf börsennotierte Vergleichsunternehmen zurückgegriffen. Voraussetzung hierfür ist, dass deren Geschäftsmodell vergleichbar mit dem Geschäftsmodell des zu bewertenden Unternehmens ist. Bei KMU steht man regelmäßig vor der Schwierigkeit, geeignete Vergleichsunternehmen zu finden. Aus diesem Grund kann vereinfachend auf die Branche abgestellt und ein Branchenbeta für die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes verwendet werden. Da dies allgemeingültig für eine ganze Branche ist, berücksichtigt es eine marktübliche Kapitalstruktur und keine besonderen Ausfallrisiken. Diesem Umstand kann man begegnen, indem man die Ausfallrisiken oder mögliche höhere Fremd- und Eigenkapitalkosten in die Planung der zukünftigen Zahlungsströme einbezieht.

Fazit

Grundsätzlich ist das Rahmenkonzept des IDW S 1 auch für klein- und mittelständische Unternehmen maßgeblich. Die zutreffende Berücksichtigung von KMU-spezifischen Besonderheiten, für deren Einbeziehung in die Unternehmensbewertung keine quantitativen Modelle bereitstehen, stellt für den Bewerter eine besondere Herausforderung dar. Letztlich kommt damit insbesondere bei der Bewertung kleiner und mittlerer Unternehmen der Erfahrung und dem Sachverstand des Gutachters eine entscheidende Bedeutung zu.

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